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Montag, 28. September 2015

Warum Unternehmensorganisationen nicht über ihren Schatten springen können?

Intro

Bevor wir auf diese Eingangsfrage eingehen, sollten wir vielleicht noch einige Grundsatzthemen klären. Wenn von Organisationen gesprochen wird, kommen Ihnen sicherlich Begrifflichkeiten wie Ablauf- und Aufbauorganisation in den Sinn. Grob gesprochen, beschreibt der erste Begriff, wie Personen intern und extern operativ zusammenarbeiten und der zweite der definiert, wer in Unternehmen die jeweilige Verantwortung trägt und wer an wen zu berichten hat. Vielleicht fallen Ihnen auch noch Modelle für Aufbauorganisationen ein, wie z.B.:

  • Linien- und Stablinienorganisation 
  • Divisionale Organisationsform
  • Matrixorganisation 
  • Tensororganisation,
  • Multidimensionale Matrixorganisation,
  • Beta Codex Modell,
  • Holakratie Modell,
  • Netzwerkorganisation,
  • Fraktale Fabrik,
  • Ambidextre Organisation,
  • Agile Organisationsform für Projekt und Linie nach Scrum, Scribble und Kanban
  • Zelluläre Organisation


Eventuell kommt Ihnen auch noch der Begriff „Governance“ in den Sinn. Dieser definiert, wie Macht unternehmensintern verteilt wird und wie unternehmensinterne Entscheidungen getroffen werden. Sehr grob definiert, beschreibt Governance einen Ordnungsrahmen, der einer Unternehmensführung als Handlungsanleitung dienen soll. 

Neben dieser sehr theoretischen Annäherung fallen Ihnen wahrscheinlich Anforderungen und Fragen ein, die ein modernes Organisationsmodell zusätzlich abdecken können sollte. Oder anders formuliert: Gibt es schon Organisationsmodelle oder können wir solche entwickeln, die Arbeit produktiv und doch erfüllend sowie sinnvoll machen und dabei auf die neuen stark ändernden Rahmenbedingungen in Wirtschaft und Gesellschaft Rücksicht nehmen? Bevor ich darauf näher eingehe, möchte ich noch kurz meinen persönlichen Zugang zu Organisationen und Arbeitswelten beschreiben.

Mein persönlicher Zugang zu Unternehmensorganisationen

Für mich ist die Beschäftigung mit Organisation viel mehr als nur:
  • Das abstrakte Formulieren von Abläufen im Kontext zum Unternehmenszweck,
  • das Beschreiben der dafür notwendigen Verfahrensanweisungen für die Rollen und Verantwortlichkeiten in Stellenbeschreibungen und Organigrammen, 
  • sowie das anschließend gemeinsame Umsetzen in der Organisation und dies meistens in Form von temporären Vorhaben für Optimierungs-, Befähigungs-, Digitalisierungs-, also generell von Veränderungsprogrammen. 
Organisation bedeutet für mich persönlich viel mehr: 
"Organisation bedeutet für mich die ständige Beschäftigung mit den darin tätigen Menschen zum Ziel einer funktionierenden arbeitsteiligen und dabei spaßvollen Zusammenarbeit, dynamisch angepasst an die inhaltlichen und formalen Rahmenbedingungen." 

Die Organisation stellt für mich also kein statisches, sondern mehr ein dynamisches Modell für die funktionierende Zusammenarbeit von Menschen dar. Mich interessieren dabei die unterschiedlichen Tätigkeiten im Rahmen:
  • Der Gestaltung der Organisation in Kombination mit einer co-kreativen Konzeptionsarbeit, zur Gestaltung der Zusammenarbeit, 
  • der Befähigung der Mitarbeiter und Führungskräfte,
  • der Begleitung der Organisation in der Umsetzung, 
  • des eigenen Lernens unter anderem aus den Beobachtungen der unterschiedlichen Verhaltensmuster im Zusammenarbeiten von Menschen. 
Ein paar Worte möchte ich noch zu meiner Entwicklung als Organisationsgestalter verlieren. Mein Zugang zum Thema Organisation war ursprünglich ausschließlich die Beschäftigung mit temporären Organisationen, also jenen Vorhaben die zumeist spontan entstehen und zu einer bestimmten Zielsetzung sowie schon zu Beginn mit einem bestimmten Ablaufdatum in Unternehmen etabliert werden. Ich spreche dabei von sogenannten Projektorganisationen. 

Die Projektorganisation und Projektmanagement

Folgende Aspekte - so denke ich - beschreiben den steigenden Einfluss der Projektorganisation und des Projektmanagements in die Unternehmensorganiationen sehr gut:
  • Die Menschen, die derartige Projekte starten, die sie leben und erleben, werden großteils  mit denselben Situationen konfrontiert, wie sie im Tagesgeschäft der eigenen Linienorganisation auch ablaufen. Daher wird in den Abteilungen für Personalentwicklung, für Projektmanagement auch der Begriff „Management auf Zeit“ verwendet und der Einsatz der Projektleiter oftmals als Prüfstein für kommende Führungskarrieren verwendet. Für die potentiellen Führungskräfte sind die Ausnahmesituationen der täglichen Führungsaufgabe innerhalb von Projekten oftmals besser erlebbar als in so mancher Trainingssimulation oder so manchem Assessment-Center.  
  • Ein weiterer Einfluss von Projektmanagement in die Unternehmenslandschaft ist folgender: In den letzten zehn Jahren wurden in den Unternehmen vermehrt, und dies exponentiell ansteigend,  Projekte gestartet und dies nicht nur zur Abwicklung von  Kundenaufträgen sondern auch für interne Vorhaben (z.B. Optimierungen oder sonstige Veränderungsvorhaben). Dadurch wurden Projekte fixer Bestandteile der Unternehmensorganisationen. Dieser starke Verknüpfungspunkt war auch für mich jener Moment, mich intensiver mit dem Aufbau, den Regeln und Prozessen sowie auch Befindlichkeiten von Linienorganisationen in den Unternehmen zu beschäftigen. Auch deshalb, damit Projektorganisationen nicht mehr länger als „Fremdkörper“ in der eigenen Organisation identifiziert und darin Mechanismen in Gang gesetzt werden, um diese sofort wieder „abzustoßen“. 
Projektmanagement ist also in den letzten Jahren integraler Bestandteil der modernen Unternehmensorganisation geworden.

Agieren auf selber Augenhöhe

Nun, der Anziehungsfaktor für mich in Richtung der Projektorganisationen war und ist noch immer jener, dass die Begegnung der handelnden Personen innerhalb der Projekte auf nahezu selber Augenhöhe abläuft, die Arbeit rund um die Aufgabenstellung im Vordergrund steht und die Personen sich tendenziell weniger, hinter den eigenen Hierarchien und Befindlichkeiten verstecken. Unabhängig von der Größe und der Zielsetzung eines Projektes, begegnen sich Projektauftraggeber, Projektleiter, sowie Arbeitspaketleiter grundsätzlich  auf einer „gemeinsamen Augenhöhe“ oftmals im Unterschied zum  Tagesgeschäft der eigenen Linienorganisation. 

Aber natürlich sehe ich auch häufig  in Projekten, dass die bestehende Hierarchie und Vorgehensweise nach „Command & Control“, also nicht auf selber Augenhöhe gelebt wird. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel. Nach meiner langjährigen Erfahrung im Umgang mit Projektorganisationen kann ich jedoch den Trend zu mehr „Augenhöhe“ in der Projektarbeit durchaus bestätigen.

Warum ist das so und warum rückt man in Projekten tendenziell näher zusammen als im Tagesgeschäft? Diese Frage führt mich wieder zum Ausgangspunkt meiner Recherchen, bzw. dient mir als Start zur Beantwortung der Eingangsfrage.

Die Organisation im Wandel der Zeit

In der Beschäftigung mit diesem Thema und der vorliegenden Arbeit verwendete ich viele Auszüge aus den Arbeiten von Frederic Laloux (vgl. 2015).

Ich möchte nun den Versuch wagen, den Blick des Lesers auf das Thema Organisation entlang eines Zeitstrahls der jüngsten Menschheitsgeschichte schweifen zu lassen und die Entwicklung von Arbeitsteilung der Menschen in Gesellschaft und Wirtschaft im Wandel der Zeit zu betrachten. Eventuell bringt uns diese etwas andere Betrachtungsweise, der Antwort auf die Eingangsfrage einen Schritt näher.

In den Untersuchungen von Historikern, Anthropologen, Philosophen, Psychologen, Ökonomen und Neurowissenschaftler zeigt sich, dass sich die Menschheit - in Stufenformen entwickelt hat und dass sich dabei die Ausprägungen der Organisation dem jeweils vorherrschenden Paradigma anpassten. In dieser Betrachtung gehen die Entwicklungen innerhalb eines Paradigmas - der Betrachtungsraum ist jener von Kontinentaleuropa - meistens kontinuierlich vonstatten. Die Übergänge jedoch, werden in Form von Stufen realisiert und durch Ereignisse und/oder Innovationen ausgelöst und sind dann als Schwellenübergänge zwischen den Paradigmen erkennbar. Wie die Organisationsmodelle entlang des Zeitstrahls und der Phase des jeweiligen Paradigmas aussehen, werde ich versuchen in der Folge zu skizzieren 

Archaisches Paradigma

Die erste beobachtete Epoche geht bei einem Punkt vor 100.000 bis vor 50.000 Jahren aus. Man bezeichnet es als das archaische Paradigma, das geprägt war von der Nahrungssuche und dem täglichen Kampf ums Überleben. Die archaische Organisationsform kannte als Arbeitsteilung nur jene zwischen Mann (Nahrungsmittelbeschaffung) und Frau (Haus und Familie). In diesem  Paradigma war noch kein Organisationsmodell, keine Hierarchie und Autorität erkennbar gewesen. 

Magisches Paradigma

Daran folgte das magische Paradigma mit dem Beginn der Epoche vor ca. 15.000 Jahren, in machen Regionen der Erde vielleicht auch schon früher. Diese Epoche korrespondiert mit der Verbindung der Menschen in kleinen Familiengruppen sowie Stämmen in der Größe von bis zu wenigen hundert Menschen. Die Menschen leben in dieser Epoche ausschließlich in der Gegenwart. Es gibt kaum Projektionen in die Zukunft. Magisch wird diese Epoche deswegen bezeichnet, da die Menschen in diesem Paradigma ihre Welt voller Magie und Geister sehen. Aus Sicht der Evolution, machten die Menschen in diesem Paradigma einen großen Schritt vorwärts. Auf dieser Stufe sehen sich die Menschen zwar als körperlich und emotional zum größten Teil gegenüber anderen differenziert, sehen sich dies aber immer noch ihr selbst als das Zentrum im Universum. Kognitiv und psychologisch betrachtet haben sie Fähigkeiten entwickelt um mit Komplexität umgehen zu können. Ursache und Wirkung können aber kaum nachvollzogen werden. Z.B. wird schlechtes Wetter noch als Bestrafung von Geistern gesehen. Der Tod wird nicht als real betrachtet. Daher gibt es bezeichnender Weise in dieser Epoche auch keine Angst vor dem Tod, was auch ein Grund für viel Gewalt und eine hohe Zahl von Tötungen in dieser Epoche sein kann. Auch auf dieser Stufe der Evolution ist eine Organisationsform noch nicht erkennbar.

Tribales und impulsives Paradigma

Historisch betrachtet, war dieses Paradigma in der Gründung der ersten Stammes- und Fürstentümer begründet. Tribe (engl. Stamm) beschreibt damit auch dieses Paradigma sehr gut. Das wichtigste Attribut in diesem Paradigma ist die „Macht“. Die Welt wird noch als gefährlicher Ort gesehen, die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse steht stark im Vordergrund und dies in Abhängigkeit davon, wie stark und widerstandsfähig man ist. Die Macht wird daher vom Stärkeren in Richtung des Schwächeren ausgeübt. Dann erst können die Bedürfnisse des Mächtigeren von dem Untergebenen eingefordert werden. Der Untergebene ordnet sich unter und hofft, dass der Mächtige für ihn sorgt. Machtverlust wird also gegen Abhängigkeit und Schutz getauscht. Entscheidungen werden situativ und impulsiv getroffen. Willkür steht in diesem Paradigma an der Tagesordnung. 

Die tribale Organisation

Die ersten sichtbaren Organisationen, die in diesem Paradigma gebildet wurden waren die Armeen der Stammesfürsten die zum Schutz oder für den Angriff gegenüber anderen Stämmen dienten. 
Die Merkmale sind: 
  • Ständige Machtausübung in der Beziehung zwischen den Personen, als ein Moment des Zusammenhalts. 
  • Der Mächtige muss sich dadurch ständig beweisen. 
  • Machtkämpfe werden oftmals ritualisiert. 
  • Die Anführer in tribalen Organisationen umgeben sich zur Schaffung einer Festigung der eignen Macht und damit Schaffung von Stabilität mit den eigenen Familienmitgliedern. 
  • Angst beherrscht diese tribale Organisationsform. 
  • Tribale Organisationen handeln grundsätzlich sehr reaktiv und aus der jeweiligen Situationen heraus. 
  • Langfristige Planungen und Strategie existieren zumeist nicht. 
  • Aufgrund der Einteilung in Mächtige und Untergebene existieren kaum weitere Hierarchiestufen. 
  • Tribale Organisation haben, sofern sie ihre Grundstabilität erreicht haben, ein geringes Wachstumspotential und können sehr machtvoll sein (wie am Beispiel Mafiaorganisationen heute noch sichtbar ist). 
  • Tribale Organisationen wiederum verlieren in stabilen Gesellschaftsformen ihren Einfluss, speziell wenn Strategien und Planungen zum Überleben notwendig werden. 

Die Errungenschaft gegenüber den vorherigen Paradigmen war die Arbeitsteilung und Schaffung einer Befehlsautorität und Befehlsgewalt.

Familienclans in den unterschiedlichen Regionen unserer Welt oder Straßen-Gangs in Großstädten in unserer Zeit sind nach dieser sehr frühen Organisationsform gebildet. Tribale Organisationen können in unserer Zeit immer auch dann kurzfristig auftauchen, wenn Krieg vorherrscht, oder in Gesellschaften und Regionen die sich in einer hoher Unsicherheit befinden (Elementarereignisse, Gesellschaftsumbrüche), an Orten wo Gesetzlosigkeit existiert bzw., Staaten sich im Umbruch befinden, bzw. Personengruppen, die ums Überleben kämpfen (z.B. Migrationslager, Ghettos in Großstädten, Gefängnisse). 

Traditionelles konformistisches Paradigma

Das ist das Zeitalter der Landwirtschaft, der ersten Bürokratien und der organisierten Religionen. Historisch betrachtet war dies der Übergang von der Stammeskultur zur Bildung von Staaten und Zivilisationen. Neben den Machthabern und Untergebenen etablierten sich in dieser Zeit vor ca. 4.000 Jahren neue Gesellschaftsschichten von Verwaltern, Priestern, Kriegern und Handwerkern. Das traditionelle konformistische Paradigma war historisch erstmals im damaligen Mesopotamien zu beobachten. Es existieren einfach moralische Regeln, die auf einem akzeptierten Verhaltenskodex basieren. Die darin vorherrschende Weltsicht ist statisch, es gibt unveränderliche Gesetze. Eine „gerechte“ Welt manifestiert sich in diesem Paradigma im Umsetzen immer das „richtige“ zu tun, belohnt mit Dingen im Diesseits und Versprechungen im Jenseits, bzw. das „falsche“ zu vermeiden. Dies führte zu teilweise drakonischen Bestrafungen im Diesseits bzw. im Jenseits und zum Teil zum Ausschluss aus der eigenen Gesellschaft. Gegenüber dem tribalen impulsiven Paradigma, wird die Autorität nun mit einer eigenen Rolle belegt und befindet sich nicht mehr in der Person des Mächtigen (z.B. Stammesfürsten). Die Entscheidung was richtig oder was falsch zu interpretieren ist, entscheidet nun die neue Gesellschaftsklasse der Priester. Traditionelle konformistische Gesellschaften zeichnen sich durch den Drang nach Stabilität, nach Ordnung, sozialen Klassen und Kasten, sichtbar in eigenen Kleidungsvorschriften um die Ordnung sichtbar zu machen sowie rigide Geschlechtertrennung aus.

„Bei großen Veränderungen in der heutigen Welt erleben viele Menschen die konformistische Sicherheit als eine anziehende Zuflucht und rufen nach einer Rückkehr zu eindeutigen festen moralischen Werten (Laloux, 2015, S. 18).“

Traditionelle Organisationen  

Im Gegensatz zu den tribalen Organisationen können traditionelle Organisationen kurz- und langfristig planen. Sie sind in der Lage, Strukturen zu schaffen, die stabil und auch wachstumsfähig sind. Dadurch können sie neue Ergebnisse liefern, die  gegenüber den Ergebnissen herkömmlicher Organisationsformen in mehreren Dimensionen überschritten wurden. Historisch betrachtet waren das herausragende architektonische Leistungen, wie z.B. Bewässerungssysteme, Kulturbauwerke (z.B. Pyramiden und Kathedralen) und Nutzbauwerke (z.B. Chinesiche Mauer). Traditionelle Organisationen betrieben schon frühzeitig eigene Handelsnetze und dann später in der Kolonialzeit auch später Plantagen und Produktionsnetzwerke. 
Die katholische Kirche ist gutes Beispiel für die traditionelle Organisationsform. Die kath. Kirche hat historisch betrachtet bis hinauf zur Gegenwart und geografisch betrachtet weltweit mit ihrer Organisation prägend auf die Menschheit gewirkt. Aber auch die meisten Regierungsorganisationen, Behördenorganisationen, wie z.B. die öffentlichen Schulsysteme sowie die meisten Militärorganisationen werden nach diesen traditionellen Prinzipien und Praktiken geführt. Traditionelle Organisation versuchen durch Bürokratie, Stabilität zu erreichen. 

Während tribale impulsive Organisation maximal Tage und Wochen im Weitblick betrachten, können traditionelle Organisation langfristige Vorhaben (z.B. Bau einer Kathedrale mit Bauzeit von 100 Jahren) verfolgen. 

Ein Durchbruch innerhalb dieses Paradigmas kam erst viel später durch die Industrialisierung mit der Etablierung von Abläufen (Prozessen) und Strukturen auf. Durch die Fragmentierung der Arbeitsschritte (Prozesse) und die hierarchische (Trennung von denken und handeln bzw. in Entscheidung und Umsetzung) sowie funktionale Arbeitsteilung (Produktion, Buchhaltung, Geschäftsführung, Vertrieb, Einkauf) wurden Organisationen noch stabiler, effizienter und effektiver.
Vordenker dazu waren Adam Smith (vgl. Smith, A., 1776), Frederic Winslow Taylor (vgl. Taylor, F., W., 1911), Henry Fayol (vgl. Fayol, H., 1929). Durch Prozesse hängt das dafür notwendige Wissen nicht mehr von einer bestimmten Person ab, sondern wird in der Organisation in Form Rollen und entsprechen Beschreibungen weitergegeben. Die Menschen, innerhalb dieses Paradigmas bzw. die sich in den traditionellen Organisationen befinden, sehnen sich großteils nach Ordnung und Vorhersehbarkeit. Veränderungen werden argwöhnisch betrachtet. Die Zukunft ist daher in traditionellen Organisationen die Wiederholung der Vergangenheit, denn dies schafft die notwendige Stabilität und daher auch Sicherheit (vgl. Laloux, 2015, S. 36).

Stabilität ist der höchste Wert und wird durch Prozesse und Strukturen gesichert. In traditionellen Organisationen - die kath. Kirch genauso wie General Motors als Industriekonzern - haben die hierarchische Pyramide als ihre Organisationsstruktur gewählt. In der kath. Kirche steht der Papst an oberster Stelle mit einer Kaskade an formellen Befehls- und Berichtswegen an die untergeordneten Kardinäle, z.B.Bischöfe bis hinunter zum Priester. Während der Mitarbeiter in einem Industrieunternehmen Anordnungen von seinem Abteilungsleiter und dieser wieder von seinem Bereichsleiter, bis hinauf zum obersten Chef, dem CEO eines Konzerns, ist in traditionellen Organisationen eine persönliche Treue zum Unternehmen, wie es in tribalen Organisationen notwendig war, nicht mehr wichtig und notwendig. Selbst wenn der CEO schwach ist, wird ein Mitarbeiter nicht versuchen, ihn zu stürzen und seinen Platz einzunehmen. Die Angst und Bedrohung vor der Gewalt der Mächtigen, wie sie in tribalen Organisationen vorhanden war, weicht in traditionellen Organisationen subtilen Bedrohungen durch Kontrollmechanismen. Es werden Regeln erstellt und Personengruppen ausgewählt, diese Regeln zu kontrollieren und zu beobachten. In diesem Paradigma herrschen überwiegend konservative Ansichten in Bezug auf die Mitarbeiter vor. In traditionellen Organisationen wird die Notwendigkeit von Kontrolle und einer Vielzahl an Kontrollmechanismen benötigt, da von folgenden Annahmen ausgegangen wird:
  • Arbeit stellt für die Menschen ein notwendiges Übel dar.
  • Daher sind Mitarbeiter intrinsisch nur bedingt für ihre Arbeit motiviert.
  • Sie müssen daher ausschließlich extrinsisch motiviert werden. 
  • Die monetäre Entlohnung gilt als der einzige, zumindest als der wichtigste Anreiz für das Entgegenbringen der Arbeitsleistung durch den Mitarbeiter. 
  • Grundsätzlich lehnt der Mitarbeiter Transparenz ab.
  • Partizipative Führung kann daher nicht funktionieren und daher muss Anweisung und Kontrolle genutzt werden um Resultate zu erzeugen.

Traditionelle Organisationen haben die Rangzuordnung durch Titel, Uniformen und Kleidung etabliert um die Rollenzuordnung und Identifikation zu stärken und auch voneinander abzugrenzen. Die soziale Zugehörigkeit ist in traditionellem konformistischen Paradigma entscheidend. Daher werden in traditionellen Organisationen Grenzziehungen der eigenen Organisation z.B. zu Kunden und Lieferanten sichtlich und erkennbar gemacht. Diese Grenzziehung manifestiert sich in den Unternehmen oftmals im sogenannten „Silodenken“ der einzelnen „Ab-Teilungen“ innerhalb der funktionalen Unternehmensbereiche.

Entscheidungen werden vor dem Hintergrund einer linearen Ursachen- und Wirkungsweise getroffen. Traditionelle Organisationen gehen von der Annahme aus, dass die Welt stabil und unveränderlich ist und dass es für Probleme den einen richtigen Lösungsweg gibt. Daher sind Regeln und Struktur die elementaren Artefakte in traditionellen Organisationen. 

Traditionelle Organisation streben historisch betrachtet nach Dominanz sowie Monopol und betrachten Mitbewerb argwöhnisch. Die traditionellen Strategiemethoden und alle Markt- und Normstrategien haben daher immer die Beobachtung und den Kampf gegen den Mitbewerb auf ihren Checklisten (z.B. Porters Five Forces) stehen. 

Das moderne leistungsorientierte Paradigma

Im modernen leistungsorientierten Paradigma zeigt sich die Welt nicht mehr als ein stabiles Universum, dass durch unveränderliche Regeln bestimmt wird, sondern als ein kompliziertes System, dessen innere Mechanismen und Gesetzmäßigkeiten untersucht und verstanden werden können. Es gibt kein absolutes wahr und falsch. Die Welt ist relativ geworden. Es gibt nur Dinge die besser funktionieren als andere. Die Effektivität ersetzt die Moral als einen Maßstab für die Entscheidungsfindung. Die Lebenszielsetzung in dieser Ära ist es, besser und schneller als der Andere und dies in einer sozial akzeptierten Weise zu sein. Durch die eigenen kognitiven Fähigkeiten werden bestehende Normen und der Status Quo hinterfragt. Historisch betrachtet wurde im Westen dieses Paradigma rund um Wissenschaftler und Künstler ausgelöst. Es war dies die Zeit der Renaissance, in der modernes Denken die bestehende christliche Welt erschütterte. In der Ära der Aufklärung und später in der Industriellen Revolution breitete sich das sogenannte moderne Denken weiter aus. Die Weltsicht in dieser Paradigmenstufe ist zutiefst materialistisch geprägt. Daher wird „mehr“ auch oftmals als „besser“ verstanden. Die Naturwissenschaften bestimmen das Denken. Richtig erkenn- und erlebbar ist dieses Paradigma nach dem Zweiten Weltkrieg und spätestens seit den Siebzigerjahren geworden. Seither bewegte sich der Großteil der Weltbevölkerung im modernen leistungsorientierten Paradigma, das eben die Führungskräfte in Politik und Wirtschaft prägt. In der Zeitspanne von ca. 100 Jahren hat uns dieses Paradigma einen bis dato nie gekannten Wohlstand gebracht. In diesem Zeitraum wurde die Vorstellung hinter sich gelassen, dass nur Autoritäten eine Lösung anbieten können. Expertenwissen und Skepsis gegen gegenüber offenbaren Wahrheiten bestimmen das Denken in dieser Ära. Ohne Angst haben zu müssen das Leben zu riskieren, wenn religiöse Dogmen oder politische Autoritäten hinterfragt haben, befreiten sich die Menschen in dieser Zeit. Menschen in dieser Ära haben das Bedürfnis als sozial erfolgreich angesehen zu werden. Daher sind sie bereit, soziale Konventionen anzunehmen, wenn sie für sie hilfreich sind. Wie in jedem Paradigma, so existieren auch hier Schattenseiten. Es sind dies sicherlich die Auswüchse von Gier der Unternehmen, kurzfristiges Denken in Wirtschaft und Politik, Überschuldung und übermäßiger Konsum, sowie eine bedenklosen Ausschöpfung der Bodenschätze.

Moderne Organisationen

Während Kirchen, Behörden und das Militär die traditionelle Organisation repräsentieren, sind es in den modernen Organisationen die global agierenden Unternehmen wie z.B. Nike, Volkswagen, Unilever oder Black Rock. Während die traditionellen Organisationen erfolgreich Wachstum geschaffen haben, schaffen moderne Unternehmen eine nie gewohnte Wirksamkeit. Begründet liegt diese Wirksamkeit sicherlich in den Umständen der Innovation und im Leistungsdenken.

Führungskräfte in modernen Organisationen erkannten, dass Potentiale für sprunghafte Verbesserungen existieren, die man erreichen kann, wenn man den Status Quo  hinterfragen und Vorschläge für Verbesserungen formulieren darf. Veränderung und Innovation stellt somit keine Gefahr mehr dar sondern sind  vielmehr eine Gelegenheit. Diese massive Zunahme an Innovationen ließ in den zweihundert Jahren dieser Ära einen nicht gewohnten Wohlstand entstehen. Neue funktionale Bereiche in modernen Unternehmensorganisationen entstehen, die in traditionellen Organisationen unbekannt waren: Forschung und Entwicklung, Marketing, Produktmanagement, Personalentwicklung und interne Beratung. Neue Rollen werden geschaffen, wie z.B. die Rolle des Controllers. Diese werden als Stabsstellen geführt mit dem Zwecke den Führungskräften laufend Informationen aus dem zumeist komplizierten Organisationsgeflecht der eigenen Unternehmung zu geben und dadurch Entscheidungen vorzubereiten. Zwar werden moderne Organisationen auch durch pyramidenhafte Strukturen bestimmt, die funktionalen Strukturen und Hierarchien öffnen jedoch ihre Grenzen mit dem Ziel, die Kommunikation innerhalb der eigenen Organisation zu beschleunigen und auch um Innovation zu unterstützen. 

Während traditionelle Organisationen von Aufbaustruktur und Prozessen bestimmt wurden, stehen in modernen Organisationen Prozesse und Projekte im Zentrum. Funktionsübergreifende Initiativen entstehen, Expertenteams bilden sich innerhalb der Organisationen. 

Der Übergang von der traditionellen zur modernen Organisation, also einer Organisation, die auf dem Leistungsprinzip aufbaut, hat den neuen Funktionsbereich der Personalentwicklung und die mit ihr verbundenen Prozesse ins Leben gerufen. Dazu gehören: Leistungsbeurteilungen, Zielgespräche, Anreiszsysteme, Ressourcenplanungen, Talentmanagement, Leadership-Training und Nachfolgeplanungen. Das beherrschende Denken ist, das jeder Mensch die Chance haben sollte, seine Fähigkeiten zu entfalten und im Rahmen seiner Rolle innerhalb des Organigramms sein Bestes beizutragen. Jeder kann aufsteigen, gleichzeitig kann niemand sicher sein, seinen Job dauerhaft zu behalten. 

Ziel der Führungskräfte in dieser Organisationsform ist es unter anderem , die MitarbeiterInnen mit Leistungsanreizen zu motivieren: Bonussysteme, Aktienausschüttungen und Auszeichnungen. Moderne Organisationen erkaufen sich den Erfolg mit komplizierten Strukturen in der Aufbau- und Ablauforganisation und ein stückweit auch durch Erhöhung der Komplexität im eigenen Unternehmen. Die Aufbauorganisation wird oftmals mit komplizierten Matrixorganisationen ausgestaltet. Um dies zu kompensieren wurden neuen  Managementprozesse und Methoden eingeführt: Strategieplanungen, Budgetzyklen, Leistungskennzahlen mittels Key Performance Indicators KPIs, und Balanced Score Cards (BSC). Moderne Organisationen sind stark mechanistisch geprägt. Das manifestiert sich unter anderem in der vorherrschenden technisch geprägten Sprache:
  • Wir sprechen von „Einheiten“ und „Schichten“, von 
  • „Input“ und „Output“, von
  • „Effizienz“ und „Effektivität“ 
  • einen „guten „Ansatzpunkt“ zu finden, 
  • das „Projekt anzuschieben und zu beschleunigen“, 
  • „Lösungen zu skalieren“, 
  • „Engpässe zu identifizieren“ und 
  • „Re-Engineering“ sowie „Downsizing“ zu betreiben.

Das postmoderne pluralistische Paradigma

Während das traditionelle Paradigma noch in einer absoluten Wahrheit von richtig und falsch unterscheidet, das leistungsorientierte Paradigma Aspekte kennt, die funktionieren bzw. nicht funktionieren, herrscht im postmodernen pluralistischen Paradigma die Ansicht vor, dass diese Ansichten immer noch zu vereinfacht sind und die Welt aus mehr als nur aus Erfolg und Scheitern bestehen muss. Dieses Paradigma ist sich der Schattenseite der modernen und leistungsorientierten Welt bewusst und sucht Gleichheit, Fairness, Harmonie, Gemeinschaft, Kooperation und Konsens.

Im 20. Jahrhundert erlebte diese Gegenbewegung schon einen ersten Höhepunkt in den 60er und 70er Jahren und dies im akademischen Denken sowie in der Bildung von gemeinnützigen Organisationen. Für Menschen, die aus diesem Paradigma heraus handeln, sind Beziehungen wichtiger als Ergebnisse. Während im modernen Paradigma ein bestimmter Führungsstil etabliert wurde, wurde im postmodernen Paradigma der Umstand begründet, dass Führungskräfte ihren Mitarbeitern auch dienen sollen (Servant Leadership). 

Aber dieses Paradigma besitzt auch seine Widersprüche. Die Gleichbehandlung stösst an Grenzen, wenn andere diese Toleranz missbrauchen und intolerante Ideen dazu verbreiten. Regeln werden in diesem Paradigma als willkürlich und ungerecht aufgefasst. Diese Regeln abzuschaffen erweist sich aber auch nicht als praktikabel. Das postmoderne pluralistische Paradigma ist zwar wirkungsvoll beim Identifizieren und Eliminieren von „ungerechten“ Strukturen, ist aber wenig effektiv bei Formulieren und Umsetzen praktikabler Alternativen.

Postmoderne Organisationen 

Grundsätzlich halten postmoderne Organisationen die leistungsorientierten Strukturen moderner Organisationen bei, geben aber die Mehrheit der Entscheidung an die Mitarbeiter und Angestellten ab, die weitreichend Entscheidungen im Rahmen ihres eigenen Tagesgeschäftes treffen zu können, ohne die Entscheidung ihrer Führungskräfte einholen zu müssen. Empowerment heisst dabei das neue Zauberwort. Die pluralistische Organisation tut sich aber schwer mit Macht und Hierarchie. Sie würde gerne beides vermeiden. 

Einige beliebte und erfolgreiche Organisationen der vergangenen Jahrzehnte - beispielhaft die Unternehmen Southwest Airlines oder Ben & Jerry zeichnen sich durch eine pluralistische Kultur und entsprechende Praktiken aus. Die postmoderne Organisation geht von der Annahme aus, dass die Menschen, die den täglichen Anforderungen und Problemen ausgesetzt sind, bessere Lösungen finden können als Experten oder Führungskräfte, die aus der Ferne darauf blicken. Deshalb sollte man ihnen auch das Vertrauen entgegenbringen. Zum Beispiel ermutigt das Management das eigene Personal von Southwestern, kreative Lösungen für die Probleme von Passagieren zu suchen, während sich im Vergleich dazu, andere Fluggesellschaften fest an geschriebene Regeln halten.

Damit leitende und mittlere Führungskräfte ihre Macht mit den Mitarbeitern teilen und einen Teil ihrer Kontrolle abgeben, müssen sie vorher präzise die Form der pluralistischen Führungskultur formulieren, damit diese funktionsfähig ist. Führungskräfte in postmodernen Organisationen sollen nicht nur distanzierte Problemlöser (wie sie in der darunterliegenden Stufe der modernen Organisationen gelebt wurden) sondern Servant Leader (dienen und entwickeln) sein. Es wird von den Personalentwicklungsabteilungen postmoderner Organisationen sehr viel Zeit investiert, um Servant Leader auszubilden und um damit auch neues Leadership zu etablieren. Die Manager werden aufgrund eines 360 Grad Feedbacks beurteilt, womit also die Führungskräfte auch gegenüber ihren eigenen Mitarbeitern rechenschaftspflichtig sind. In einigen Unternehmen dieses Paradigmas werden die Führungskräfte nicht mehr von oben nach untern, sondern von ihren eigenen Mitarbeitern gewählt. 

Der zweite herausragende Aspekt der postmodernen Organisation ist der Fokus auf die Unternehmenskultur, die derartig verteilte Organisationen mit dezentralen Machtstrukturen vor dem Auseinanderfallen bewahrt. Den Mitarbeitern wird das Vertrauen entgegengebracht, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen, wobei sie sich an einer Reihe gemeinsamer Werte, anstatt dicker Regelbücher halten. Sie setzen eine inspirierende “Sinnausrichtung“ ins Zentrum ihres Handelns. Southwest Airlines sieht sich also mehr als nur ein Unternehmen zur Personenbeförderung. Die Passagiere bekommen „Freiheit“ vermittelt, da sie Orte bereisen können, die sie ohne die günstigen Tarife von Southwest sonst nie hätten erreichen können. Ben & Jerry geht es mehr als nur um den Verkauf von Eiscreme. Es geht auch um Umwelt und ökologische Nachhaltigkeit des Wirtschaftens.

"Dezentralisierung, Leadership und Empowerment sind also Erkenntnisse der postmodernen Organisation."

In postmodernen Organisationen sind Strategie und die daraus folgernde Ausführung sehr wichtig. Da dabei die Unternehmenskultur im Zentrum der Förderung von Kultur und Werte steht, macht sie die Personalentwicklungsabteilung oftmals zur entscheidenden Abteilung mit einem hohen Einfluss in der Geschäftsführung.

Obwohl Studien belegen, dass die nachhaltige Leistungsfähigkeit von werteorientierten Organisationen höher ist als die ihrer Mitbewerber, gibt es noch immer Menschen, die sich darüber belustigen. Insbesondere dann, wenn sich moderne leistungsorientierte Organisationen verpflichtet fühlen, diesen Trend einer postmodernen Organisation in Richtung Empowerment und Dezentralisierung - meistens halbherzig - umzusetzen und dann dadurch desillusioniert werden.

Der dritte herausragende Aspekt in postmodernen Organisationen ist die Integration verschiedener Interessensgruppen. Während in leistungsorientierten Unternehmen der Shareholder-Value, als die Werthaltung vertreten wird, also es ausschließlich um die Vorteile für Aktionäre und Anteilseigner geht, ist in modernen Organisationen der Stakeholder Value der favorisierte Wertekontext. Das bedeutet, dass zusätzlich die Interessen aller Anteilseigner am Unternehmen, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Anrainer, usw. vertreten werden. Die Rolle von Leadership in diesem Kontext ist es, die richtigen Kompromisse zu finden, damit alle Interessensgruppen profitieren. 

Während in den leistungsorientierten  Organisationen die Maschine als Metapher Anwendung findet, ist jene für die postmoderne Organisationsform die Familie. Dies manifestiert sich in den Aussagen der vorherrschenden Leitbilder: „Die Mitarbeiter sind Teil unserer Familie“ oder wie z.B. bei der Southwest Airline, Leadership als "Fürsorge für die Unternehmensfamilie" verstanden wird.

Das integrale evolutionäre Paradigma

Die nächste Stufe in der menschlichen Evolution korrespondiert mit der Ebene von  Abraham Maslows Modell der menschlichen Selbstverwirklichung“ und wird dort authentisch oder integral genannt. Diese Stufe ist die oberste Stufe, die Maslow in seiner Bedürfnishierarchie erwähnt hatte. Auch vor diesem Hintergrund dass Maslow weitere Stufen erahnte, die er als Selbsttranszendenz beschrieb. Wie auch mehrere Forscher und Vordenker schon beschrieben haben, wird die menschliche Evolution an dieser Stufe nicht stehenbleiben. Jedoch stimmen alle Evolutionswissenschafter darin überein, dass der Übergang von der postmodernen zur integralen Phase ein für die menschliche Entwicklung folgenschwerer sein könnte.

Bei allen bisherigen Evolutionsstufen ging man davon aus, dass die aktuelle Weltsicht, die einzig bestimmende ist. Erst im integralen Paradigma sollte erstmals auch die Evolution des Bewusstseins akzeptiert werden und dass sich dies auch in Richtung zunehmend komplexerer und verfeinerter Verhaltens- und Beziehungsformen in der Welt manifestiert. Daher spricht Laloux in seinem Werk (2015) auch von dem integralen und evolutionären Paradigma. 

Die evolutionäre Organisation 

Die Gründer von evolutionären Organisationen nutzen eine Metapher für die eigene Arbeitsumgebung, die sie gestalten: Sie sprechen über ihre eigene Organisation als einen lebenden Organismus oder als lebendiges System. Ebenso wie das Ökosysteme mit seiner unglaublichen Schönheit geschaffen wurde und sich ständig wandelt, sehen sie ihre Unternehmen, die sich ständig in neuer Ganzheit, Komplexität und in ihrem Bewusstsein verwandeln. Genauso wie in der Natur gibt es in deren Organisationen ständig Veränderung. Dabei braucht es keine zentrale Autorität, die Befehle gibt und Entscheidungen trifft.

Folgende wichtige Durchbrüche zeichnen diese evolutionären Organisationen aus:
  • Selbstführung - evolutionäre Organisationen funktionieren vollständig ohne Hierarchie und ohne Anwendung von Konsens. Sie haben die Möglichkeit für sich entdeckt, um die Funktionsweisen von komplexen adaptiven Systemen - wie aus der Natur bekannt - auf die Unternehmensorganisation zu übertragen. 
  • Ganzheit - Organisationen waren in der Vergangenheit immer Orte, wo Menschen dazu aufgefordert wurden, sich mit einem begrenzten „beruflichen“ Selbst einzubringen und dadurch andere Teile des Selbst zu vernachlässigen. Rationalität, Effizienz und Effektivität, Zielstrebigkeit und Leistungsbereitschaft standen dabei im Fokus. Die intuitiven, emotionalen und teilweise spirituellen Aspekte des Menschen waren in diesen herkömmlichen Organisationsformen fehl am Platz. Evolutionäre Organisationen haben eine Reihe von Praktiken entwickelt, die Menschen darin unterstützen, ihre Ganzheit und das vollständige Selbst in die Arbeit einzubringen.
  • Evolutionärer Sinn - derartige Organisationen werden aus sich selbst heraus lebendig und entwickeln sich entlang ihrer Sinngebung selbst weiter. Statt die Zukunft im Detail zu planen, und voraussagen sowie  kontrollieren zu wollen, werden die Mitglieder dieser Organisationen eingeladen entlang des Sinns und Nutzens des Unternehmens sich und das Unternehmen weiterzuentwickeln. 

Die Zukunft hat schon längst begonnen

Die Zukunft hat jedoch schon längst begonnen - evolutionäre Unternehmensorganisationen existieren schon seit einigen Jahren. Die Mitarbeiter eines Konzerns wählen ihre Vorgesetzten selbst. Sie bestimmen ihre eigenen Arbeitszeiten und Gehälter. Es gibt keine Geschäftspläne, keine Personalabteilung, fast keine Hierarchie. Alle Gewinne werden per Abstimmung aufgeteilt, die Gehälter und sämtliche Geschäftsbücher sind für alle einsehbar. 

Was für heutige Personalchefs wie ein anarchischer Albtraum klingen mag, ist in Wirklichkeit eine Erfolgsgeschichte. Seit das Unternehmen von Inhaber Ricardo Semler vor ca. 15 Jahren umgestellt wurde, stiegen die Gewinne von 35 Millionen auf 220 Millionen Dollar. Und nicht nur die Zahlen geben Semler recht, sondern vor allem die Mitarbeiter: Die Fluktuationsrate bei Semco liegt unter einem Prozent.  

Nach Aussage Semler´s, ist die erste Lektion, die man als Unternehmer eines evolutionären Unternehmens zu lernen hat, dass durch die massiv gestiegene Komplexität für Organisationen, moderne Unternehmensführung nicht mehr mittels Übertragung von bewährten Rezepten und Lösungsmustern funktioniert.

Wenn ein Unternehmen heute überleben will, sollte es - nach Aussage Semler´s -unkonventionelle Wege gehen und Organisationsstrukturen dahingehend gestalten, dass deren grundlegende Prämissen wie folgt, sein sollten:
  • Den Wandel akzeptieren,
  • Gewohnheiten entfalten und fördern, die auf Achtung und Achtsamkeit statt auf Vorschriften beruhen.
  • Respekt gegenüber Mitarbeitern und die Lebensqualität des Mitarbeiters sollten oberstes Prinzip sein
  • sich so verhalten, dass sich Führungskräfte nicht wie Eltern und Mitarbeiter sich nicht wie Kinder verhalten müssen!
  • ihr Schicksal in die Hände ihrer Mitarbeiter legen.
  • Den Mitarbeitern alle Hürden aus dem Weg räumen, damit das Schwierigste gelingt, nämlich: Dass Menschen am Morgen gerne zur Arbeit gehen!

Andere vergleichbare Unternehmen, die ihre Organisation zum Teil oder zur Gänze nach dem evolutionären Paradigma  ausgeprägt haben, sind: 

FIRMA – LAND – UNTERNEHMENSZWECK
  • 1800-Flowers - US - gewinnorientiert
  • Applied Energy Service - US - gewinnorientiert
  • Allsafe Jungfalk - DE - gewinnorientiert
  • BSO/Origin jetzt ATOS NLD - gewinnorientiert
  • Buurtzorg - NLD - gemeinnützig
  • DaVita - FRA - gewinnorientiert)
  • dm-Drogeriemarkt - DE - gewinnorientiert
  • Evangelische Schule Berlin Zentrum (ESBZ) - DE - gemeinnützig
  • Fonderie et Ateliers du Vimeu (FAVI) - FRA - gewinnorientiert
  • GKD - Gebr. Kuffenrath - DE - gewinnorientiert
  • Google - US - gewinnorientiert
  • Handelsbanken - SWE - gewinnorientiert
  • Heiligenfeld - DE - gewinnorientiert)
  • Jet Blue - US - gewinnorientiert)
  • Morningstar - US - gewinnorientiert
  • Nils Holger Moormann - DE - gewinnorientiert
  • Patagonia - US - gewinnorientiert
  • Ressources for Human Development (RHD) - US - gemeinnützig
  • RWD Schlatter - CH - gewinnorientiert
  • Southwest Airlines - US gewinnorientiert
  • SAS - SWE - gewinnorientiert
  • Sun Hydraulice - US - gewinnorientiert
  • Südostbayernbahn (SOB) - Tochterunternehmen der Deutschen Bahn - gewinnorientiert
  • Synaxon - DE - gewinnorientiert 
  • TOMS Shoes - US - gewinnorientiert)
  • Vollmer & Scheffczyk - DE - gewinnorientiert
  • W. L. Gore - US - gewinnorientiert
  • Whole Foods Market US - gewinnorientiert
  • Zappos - Tochterunternehmen von Amazon - US - gewinnorientiert

Schlußbetrachtung

Abschließend können wir aufgrund der vielen existierenden Beobachtungen behaupten, dass wir uns als Menschen in den letzten tausenden von Jahren in vielen Agenden weiter entwickelt haben. Organisationen, wie wir sie heute kennen, sind ein relativ neues Phänomen. Erst mit der industriellen Revolution begannen Organisationen, die große Zahl an menschlichen Ressourcen überhaupt erst für sich zu nutzen.

Wenn wir die aufeinanderfolgenden Stufen des Bewusstseins der Menschen und ihrer Organisationen auf die Zeitachse setzen, dann erhalten wir das überraschende Ergebnis, dass sich die Evolution zu beschleunigen scheint. Nie zuvor in unserer Geschichte gab es Menschen, die sich auf so viele Paradigmen gleichzeitig beziehen und diese erleben können. Das Gleiche gilt aber auch für Organisationen wo in derselben Region tribale, traditionelle, modern und postmoderne Organisationen nebeneinander agieren. In einer groben Verallgemeinerung kann man behaupten, dass tribale Organisationen an den Rändern unserer Gesellschaft nach wie vor existieren, traditionelle Organisationen, z.B. in Behörden, im Militär und religiösen Organisationen Anwendung finden. Das moderne leistungsorientierte Paradigma ist eindeutig die vorherrschende Form für Organisationen in der Wirtschaft, von Klein- bis zu Konzernunternehmen. 


Abbildung: Die menschlichen Paradigmen im Zeitraum von 10.000 Jahren

Postmoderne pluralistische Unternehmen sind zunehmend auf dem Vormarsch, und dies nicht nur in gemeinnützigen, sondern auch in gewinnorientierten Unternehmen. Auch das evolutionäre Paradigma mit seinen auf Sinnorientierung und Ganzheitlichkeit aufgebauten Organisationen ist in der Wirtschaft seit der Jahrtausendwende angekommen.

Wenn Menschen erstmalig von den aufbauenden Stufen der menschlichen Evolution hören, dann führt das oftmals dazu, dieses Wissen sofort und vereinfachend, wie auch reduzierend anzuwenden um dann damit die eigene Realität zu simplifizieren. Andererseits kann es bei Menschen auch zu Ablehnung führen, da ein einhergehendes „Schubladendenken“ in einer Evolutionsstufe bei diesen auch als eine Bewertung, sogar oft als Abwertung interpretiert werden könnte. Wir schaffen uns Probleme, wenn wir die vereinfachende Annahme treffen würden, dass die späteren Stufen der Evolution besser als die früheren sein würden. Denn genauso wenig, wie wir sagen würden, dass ein Kleinkind weniger wertvoll als erwachsener Mensch ist, können wir auch die Bewertung im Reifegrad der Menschen im Laufe seiner Entwicklung vornehmen. Es haben sich in beiden Beispielen jeweils nur die Möglichkeiten und die ihres Handlungsspielraumes erweitert.

Um eine weitere Simplifizierung zu vermeiden, müssen wir auch vorsichtig in der Beantwortung der Frage sein: In welchem Paradigma befindet sich die Organisation des jeweiligen Unternehmens? Ich gebe Ihnen dazu ein Beispiel:
  • Der Chef vergibt und verteilt aus einer Laune heraus die Gehälter an seine Mitarbeiter. Dies wäre ein Indikator für eine Organisation im tribalen Paradigma.
  • Wenn die Gehälter nach einer definierten Hierarchie festgelegt sind, in der der Mitarbeiter arbeitet, dann kann man wohl hier von einer Organisation im traditionellen konformistischen Paradigma sprechen.
  • Ein Gehaltssystem in dem Anreizsysteme für Mitarbeiter zur Erreichung definierter Zielsetzungen geschaffen wurden, ist sicherlich ein Indikator für eine Organisation im modernen leistungsorientierten Paradigma.
  • Eine Fokussierung von Bonuszahlungen und Incentives für Teams und  Arbeitsgruppen würde auf eine Organisation im postmodernen pluralistischen Paradigma hinweisen.

Wenn wir neben dem Gehalts- und Entlohngssystem, nun alle Strukturen, alle Praktiken und die Kultur einer Organisation betrachten, werden wir Schwerpunkte eines Paradigmas erkennen können, indem sich das Unternehmen befindet. Es wird also nie der Ausdruck eines einheitlichen Bildes erkennbar sein, aus dem die Organisationsform eines Unternehmens sichtbar wird, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte, die einen Schwerpunkt für ein Paradigma beschreiben. Ein Unternehmen agiert z.B. in Form einer modernen leistungsorientierten Organisation, wenn eine Vielzahl der Strukturen, Praktiken sowie die Kultur, durch das moderne leistungsorientierte Paradigma geformt wurde. 

In großen Organisationen können aber auch verschiedene Paradigmen vorherrschen. Zum Beispiel werden sie die Holding eines multinationalen Konzerns als moderne Organisationsform erkennen, während eventuell verschiedene Fertigungsstandorte aus einem traditionellen konformistischen Paradigma heraus agieren.

Die Kraft der Führung

Wodurch wird nun bestimmt, aus welcher Stufe einer Organisationsform heraus ein Unternehmen agiert? Häufig sind es die Führungskräfte, die bewusst oder unbewusst jene Strukturen, Praktiken und Kultur etablieren, von denen sie glauben, dass sie adäquat für den Umgang mit „ihrer Welt“ sind und die sie als sinnvoll erachten. Das lässt aber den Schluss zu, dass sich eine Organisation nicht weiterentwickeln kann, als die Entwicklungsebene, auf der sich die Führungskräfte dieses Unternehmens befinden.

Wenn man ein Werkzeug anwendet, dann übernimmt man meist auch die Managementphilosophie, die diesem Werkzeug innewohnt - Clay Shirky

Am Beispiel der Gestaltung eines Unternehmensleitbildes sind diese Aspekte gut sichtbar. Da es im Moment en vogue ist, fühlen sich viele Führungskräfte verpflichtet, Arbeitsgruppen zu bilden, um die gemeinsamen Werte in einem Leitbild auszuformulieren. Sich daran in Tagesentscheidungen und strategischen Fragen zu orientieren ist jedoch nur in postmodernen pluralistischen Organisationen ein Bedürfnis und daher sinnvoll. Moderne leistungsorientierte Organisationen orientieren sich bei ihren Fragen ausschliesslich am Erfolg bzw. dem Profit. Bei unserem oben beschrieben Beispiel einer modernen Organisation werden Führungskräfte zwar überwiegend ein Bekenntnis zu ihrem Leitbild abgeben, in schwierigen Situationen, in denen sie sich zwischen Wert und Profit werden entscheiden müssen, wird dann überwiegend zugunsten des Profits entschieden werden. Für Führungskräfte ist es daher scheinbar schwierig, ein Paradigma (wie im Beispiel, das postmoderne und pluralistische) aufrecht zu erhalten, dass aus der „Zukunft kommt“ und auf einer späteren und höheren Entwicklungsstufe basiert.

Führungskräfte können auf die nächste und kommende Bewussteinstufe des eigenen Unternehmens zweiseitig einwirken. Sie können Praktiken eines höheren Paradigmas wieder zurückziehen und daher unwirksam machen, so wie im oberen Beispiel beschrieben. Sie können aber mit der Schaffung von Strukturen, Praktiken und einer entsprechenden Kultur, es den Mitarbeitern ermöglichen, Verhaltensweisen anzunehmen, die in einem komplexeren (höheren) Paradigma typisch, jedoch in der eigenen Organisation noch nicht etabliert sind. Ein Beispiel dazu: 

Ein Angestellter in einer mittleren Führungsposition, der sein Unternehmen aus der jahrelangen traditionellen Organisation heraus sieht, betrachtet seine Mitarbeiter mit der „hierarchischen Brille“, gibt Vorgaben, was zu tun ist und kontrolliert deren Ausführungen. Durch eine Firmenzusammenlegung und Umgestaltung der Organisation werden Führungskräfte nun angehalten ihre Mitarbeiter mittels „Empowerment“ zu unterstützen und zu befähigen. Er sieht und beobachtet dabei seine neuen Kollegen in der Führungsmannschaft, die ihren Mitarbeitern ebenfalls Freiraum in deren Arbeit geben. Er erlebt die Vorteile für sich und die eigene Organisation Ein zweimal jährliches 360-Grad-Feedback seiner engsten Mitarbeiter gibt ihm die Möglichkeit die eigenen Fähigkeiten in Richtung Empowerment zu schärfen und daher auch höhere Boni-Zahlungen auf seinem Jahresgehalt zu ermöglichen. In solch einem Kontext einer postmodernen Unternehmensorganisation, wird er wahrscheinlich Verhaltensweisen und postmoderne Management-Fähigkeiten übernehmen. Der Kontext seines neuen Handelns hat ihn in ein höheres Paradigma gezogen, wodurch sein Tun komplexer wurde, als er es allein vermocht hätte. Mit der Zeit und einer entsprechenden Bereitschaft  ist es möglich, dass diese mittlere Führungskraft in die neue Stufe „hineinwächst“ und sich darin authentisch integriert.

Und dies ist die geniale Fähigkeit von Organisationen. Sie können Menschen als Gruppe dazu verhelfen, über sich hinauszuwachsen und Ergebnisse zu erzielen, die sie alleine nicht geschafft hätten. 

Fazit

Ich komme abschließend auf die eingangs gestellte Frage zurück: 

Warum fällt es Unternehmen oft so schwer, die passende Organisationsform für sich zu finden und sie nachhaltig zu beleben

Ich denke die Antwort auf die Frage bzw. Begründung, warum dies so ist, kann an vielfältigen Aspekten liegen und auch da wird es kein Erfolgsrezept geben. Diese Antwort überrascht sie sicherlich nicht besonders!

Aus der oben beschriebenen Betrachtung können wir jedoch folgende Erkenntnisse ableiten:

  • Organisationen und deren gelebtes Paradigmen werden maßgeblich von den obersten Führungskräften geprägt und getragen.
  • In Organisationen sind unterschiedlich gelebte Paradigmen möglich. Dies muss vorerst kein Widerspruch sein.
  • Organisationen streben zu Merkmalen und Ausprägungen (z.B. Hierachie in traditionellen Organisationen oder Empowerment in postmodernen Organisationen), die ihrem gelebten Paradigma gerecht werden.
  • Widersprüchliche Ausprägungen (z.B. Leitbildgestaltung und auf Werte-basierendes Führungsverhalten in modernen leistungsorientierten Unternehmen kann zu divergentem Verhalten und Irritationen führen.
  • Das erlebte Paradigma der eigenen Organisation ist veränderbar.

Auf die aktuelle Gesellschafts- und Wirtschaftsituation bezogen, ist dies eine hoffnungsvolle Einsicht in einer Zeit, in der wir das Bewusstsein eines postmodernen und pluralistischen, sowie eines evolutionären und integralen Paradigmas gut benötigen können, um damit beginnen zu können, die Welt von den „Wunden des modernen Paradigmas zu heilen“.

Literaturverzeichnis

Amarque, Tom (2012): Wie wir wurden, wer wir sind - und was wir werden können: Ein kurze Geschichte der Bewusstseinsevolution

Beck, Don, et. al (2006): Spiral Dynamics

Brandes, Ulf, et al. (2014): Management Y, Agile, Scrum, Design Thinking & Co.: So Gelingt der Wandel zur attraktiven und zukunftsfähigen Organisation 

Graves, Clare (2014): Sein Leben, sein Werk: Die Theorie menschlicher Entwicklung

Hamel, Gary (2012): What Matters Now: How to Win in a World of Relentless Change, Ferocious Competition and Unstoppable Innovation

Heitger, Barbara, et al. (2014): Harte Schnitte Neues Wachstum: Wandel in volatilen Zeiten. Die Macht der Zahlen und die Logik der Gefühle im Change Management

Kaduk, Stefan , et al. (2013: Musterbrecher - Die Kunst das Spiel zu drehen)

Kohlberg, Lawrence (1996): Die Psychologie der Moralentwicklung

Kondratjew, Nikolai (1926): Die langen Wellen der Konjunktur. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. 56, 1926, S. 573-609

Laloux, Frederic (2015): Reinventing Organizations

Loevinger, Jane (2000): Integrale Psychology: Consciousness, Spirit, Psychology, Therapy)

Maslow Abraham (1943): A Theory of Human Motivation. In Psychological Review 50 (4): 370-396

Pfläging, Niels (2013): Organisation für Komplexität. Wie Arbeit wieder lebendig wird - und Höchstleistung entsteht


Wade, Jenny (1996): Changes of Mind: A Holonomic Theory of Evolution of Consciousness

Wilber, Ken (1996): A Brief History of Ever

Wolfe, Norman (2011): The Living Organisations: Transforming Business to Create Extraordinary Results




Sonntag, 6. September 2015

Die Ameise: Eine schöne Parabel für die moderne leistungsorientierte Organisation


Jeden Morgen kam die fleißige Ameise fröhlich zur Arbeit. Da sie ihre Arbeit liebte, verbrachte sie die Zeit des Tages arbeitend, immer ein Liedchen summend. So arbeitete sie fleißig und fröhlich vor sich hin. Es gab niemanden der sie beaufsichtigte. 




Der Generaldirektor, ein dicker fetter Käfer, stellte fest: Es kann so nicht weitergehen. So schaffte er eine Supervisor-Stelle. Er stellte dafür den Mistkäfer ein. Der hatte viel Erfahrung. Die erste Idee des Mistkäfers war, die Arbeit zu standardisieren. Dazu erstellte er verschiedene Reports. 

Bald darauf stellte man fest, der Mistkäfer braucht eine Sekretärin, die diese Reports vorbereitet. Eine hübsche Spinne wurde eingestellt, die ein Archiv einrichtete und Telefonanrufe entgegennahm. 


In der ganzen Zeit arbeitete die Ameise froh und munter weiter, denn ihre Arbeit gefiel ihr und von Zeit zu Zeit summte sie ein Liedchen. 

Der Generaldirektor war begeistert von der Arbeit des Mistkäfers. Er fragte ihn nach grafischen Darstellungen und Zukunftsanalysen. So war es dann nötig noch eine Fliege einzustellen, als Helfer für den Supervisor.  Sie kauften der Fliege einen Laptop, damit alle Reports schön bunt gemacht werden können. 

Die fleißige Ameise summte bald kaum noch ein Liedchen. Sie beschwerte sich, denn sie musste jetzt soviel Schreibkram ausfüllen, anstatt zu arbeiten. Darum beschloss der Generaldirektor, es muss ein Administrator für die Abteilung her, in der die Ameise arbeitete. Diese verantwortungsvolle Aufgabe wurde der Heuschrecke übertragen, die als erstes verlangte, dass man ihr einen speziellen Sessel kaufen sollte. 

Natürlich brauchte sie auch ein Auto, einen Laptop und zur Kommunikation mit Untergebenen einen Zugang zum Intranet. Selbstverständlich brauchte die Heuschrecke auch einen persönlichen Assistenten. Es wurde die Kröte, da sie, an ihrem alten Arbeitsplatz, schon Sekretärin bei der Heuschrecke gewesen war. 

Die Ameise sang nun nicht mehr und wurde immer unruhiger und nervöser. Wir müssten ein Gremium von Leuten zusammenbekommen, das für eine Studie über die arbeitende Gesellschaftsschicht Daten zusammenträgt und berichtet, meinte die Heuschrecke. 

Gesagt, getan. Die ausgesuchten Leute machten sich monatelang an die Arbeit. Natürlich gegen ein beträchtliches Entgelt. 

In der Zwischenzeit stellte der Generaldirektor fest: Die Abteilung, in der die fleißige Ameise munter vor sich hin arbeitete, bringt nicht mehr den gleichen Profit wie früher. Also wendete er sich an die Eule, eine Expertin in Sachen "Geschäfte machen". Auch sie bekam Tausende von Euro. Die Eule sollte analysieren und diagnostizieren, um herauszufinden was zu tun sei. Sie wirbelte drei Monate in allen Büros der Firma herum, bis sie einen Abschlußbericht vorlegte. Im Bericht stand am Ende nichts anders als: "Es sind zu viele Angestellte - es müssen welche entlassen werden".   So folgte der Generaldirektor dem Rat der Eule, der Tausende von Euro kostete, 
und kündigte der Ameise.

Donnerstag, 4. Juni 2015

Agile Strategiemethoden als Antwort auf eine Welt unter V-U-K-A Einfluss

Eine Welt voller Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz - kurz V-U-K-A - macht Führungskräfte unsicher, hemmt deren Entscheidungssicherheit und beeinflusst somit mittel- und unmittelbar die Wirtschaft.




Aber was genau bedeutet VUKA überhaupt? Lassen Sie diese Begrifflichkeit am Besten selbst auf sich wirken: 

V - Volatilität: Gibt es auch in ihrem Umfeld immer öfter Veränderungen welche Sie nicht vorhersehen konnten, welche vollkommen überraschen und sehr schnell eintreten? Volatilität ein Begriff aus der Physik beschreibt die Schwankungsbreite die zB im Marketing dazu dient, die Unbeständigkeit von Präferenzen einer speziellen Konsumentengruppe (zB Mütter) für eine Produktgruppe (Babynahrung) zu beschreiben. Alles ändert sich schneller und häufiger.

U - Unsicherheit: Wenn Sie etwas für die Zukunft planen, bemerken Sie, dass die Pläne immer seltener in Erfüllung gehen? Insbesondere dann wenn diese Planungen auf einer Fortschreibung der Vergangenheit basieren? In Politik, Gesellschaft und Wirtschaft fehlt es an zuverlässigen Vorhersagen; Eine Überraschung folgt der anderen.

K - Komplexität: Wird es auch für Sie immer schwerer die richtigen Erfolgsfaktoren für Ihr Geschäft zu finden? Plötzlich spielen Einflussfaktoren eine Rolle welche Sie in der jüngsten Vergangenheit gar nicht kannten? Sie haben in Ihrer Führungsrolle keine Informationshoheit mehr. Informationen werden kreuz und quer weitergereicht, stammen aus allerlei Quellen, werden verändert, oder gar erfunden. Ihr Wort ist nicht mehr Befehl. Sie müssen ein-beziehen, begründen, begeistern, bevor sich etwas bewegt. Als Autorität werden Sie hinterfragt, von unten kritisiert. Das Kräftespiel ist so vielfältig, dass es chaotisch und verwirrend wirkt.

A - Ambiguität: Nichts scheint mehr wie es ist. Widersprüche überall. Sie fragen zwei Experten und bekommen drei Meinungen. Alles ist mehrdeutig und doppelsinnig; Fakten können im unsicheren Kontext rasch sehr unterschiedlich und anders interpretiert werden.

V-U-K-A Umfeld fordert agile Strategiemethoden

Die Herausforderungen im V-U-K-A-Umfeld kann man mittlerweile als eine anhaltende Veränderungskonstante im unternehmerischen Geschehen betrachten. Damit einhergehend hat sich bereits ein weitreichender Paradigmenwechsel abgezeichnet, der sich in der Neugestaltung von Organisationsdesigns, Führungsverhalten sowie in der Vorgehensweise in der Strategieentwicklung bzw. -implementierung manifestiert. Als Ergebnis daraus werden schnellere, also agilere Reaktionsfähigkeit und eine erhöhte Wirksamkeit erwartet. 

Beispiele agiler Strategiemethoden

Nachfolgend sind einige repräsentative Beispiele an Strategiemethoden angeführt, die von der Anwendung und Bedienung her gesehen, als mögliche Antwort auf eine V-U-K-A Umwelt zu betrachten sind. Sie sollen helfen in agiler Art und Weise agile Strategien zu entwickeln und zu implementieren.

Active Waiting 

Quelle: (vgl. Sull, 2005).
Vertreter der "Verrückten Strategien" - Die neuen Wilden (vgl. Ralph Scheich, 2012),
Kernaussagen: Unternehmen, die in hochgradig volatilen, unvorhersagbaren Marktkonstellationen tätig sind, sollten auf eine Strategie des „aktiven Wartens“ setzen. Die Aussagen von Sull sind: „Wer nur auf seine Chance wartet, der setzt auf Zufall; Wer sein unternehmerisches Glück herausfordern will, nutzt diese Wartephase aktiv und engagiert; Er scannt sein Umfeld, beobachtet Kunden und baut innere Stärken auf, um im richtigen Moment agieren zu können.“ 
Handlungsanleitung: In der Phase des aktiven Wartens (active waiting strategy) kann folgendermassen vorgegangen werden: 
  • Erarbeiten Sie Ihre Vision, aber halten Sie diese „unscharf“. Setzen Sie sich engagiert mit Zukunftsentwicklungen auseinander.
  • Entwicklen Sie Handlungsreserven (durch Experimentieren und vorsichtiges  Manövrieren auch in Ausnahmesituationen).
  • Rekognoszieren (Ausspähen, aufklären und erkunden) – Die Dynamik des eigenen Geschäftes muss im gesamten Unternehmen spürbar sein. Es wäre falsch nur die Führungskräfte dieser Erkundung auszusetzen und die eigenen Mitarbeiter davon abzuschirmen. Halten Sie die Crew bereit – ähnlich dem aktiven Warten in den „Blaulichtorganisationen“. 


  • Die Crew muss in der Zeit des aktiven Wartens neue Fähigkeiten und Kompetenzen aufbauen. Kündigen Sie den Wandel mit dem richtigen Timing an – wenn die Zeit reif ist, um die neuen Chancen wahrzunehmen, dann ist ein schneller Schritt notwendig und muss offen und rasch kommuniziert werden.“


Agile Strategy Map

Quelle: www.Agile42.com.
Kernaussagen: Die Methode Agile Strategy Map ist ein Toolset zur Strategieentwicklung und – implementierung. Sie bietet einerseits einen Rahmen für die Entwicklung einer Unternehmens-Strategie, sowie deren Visualisierung. Agile Strategy Map unterstützt andererseits die Entscheidungsfindung und ist ein kontrollierter und sicherer Rahmen für Überwachung der Fortschritte in der Strategieimplementierung und basiert auf agilen Ansätzen.  

Vorteil der Methode: Die Mehode zwingt in ihrer charmanten und simplen Handlungsanweisung zur aktiven Entwicklung und senkt dadurch die Hemmschwelle zur Strategiearbeit, erhöht dadurch aber auch die Akzeptanz und Bereitschaft für die Umsetzung der gemeinsam entwickelten Strategie, fördert schnelle Ergebnislieferung in den Strategieteilprojekten durch kurze Zyklen des Strategie-Controllings (in 3 Monatszyklen). 

Kritische Betrachtung der Methode: Die Methode baut auf eine stringente und sehr umsichtige Moderation und Prozessbegleitung auf. Weiters sind die Strategieschwerpunkte die ansonsten in der "standardökonomischen Betriebswirtschaft" erarbeitet werden, hier nur intuitiv und subjektiv ausgeprägt vorhanden.
Anwendungsbeispiele: Scout24-Gruppe (Autoscout24, Immoscout24,de, Friendscout24.de), Coda, Seibert Media.

Business Modelling Canvas 

Quelle: (vgl. Osterwalder/Pigneur, 2011).
Kernaussagen: Das Toolset des „ Business Model Canvas“, die von Dr. Alexander Osterwalder, Prof. Yves Pigneur und 470 weiteren Personen aus 45 Ländern entwickelt wurde erlaubt die Visualisierung von Geschäftsmodellen verschiedener Branchen anhand von 9 Bausteinen. Das Modell gilt als erprobte Methode zur systematischen Erarbeitung, Überprüfung, Visualisierung und Entwicklung von Geschäftsmodellen. 
Anwendungsbeispiele: Telenor, IBM, Deloitte.

Business not as usual 

Quelle: (vgl. Ridderstrale/Nordström, 2001).
Vertreter der "Verrückten Strategien" - (vgl. Scheich, 2012).
Kernaussagen: „Wenn Ihnen Ihr Wettbewerbsvorteil auf die Zehen fällt und dies weh tut, dann ist das ein Zeichen, dass dieser aus zu viel Material und zu wenig Ideen besteht. Sie  sollten sich dann sofort mit dem Anstarten von Innovation, aktivem Lernen und dem Wandel in ihrer Organisation beschäftigen. Kernkompetenzen sind zwar bedeutungsvoll,  jedoch in dynamischen Märkten alleine zu wenig“. Die beiden Ökonomen unterscheiden in drei Strategietypen:
  • Konzeptstrategien – Fokus auf das Geschäftskonzept. Beispiele erfolgreicher Konzeptspezialisten sind: Dell und Ikea
  • Beziehungsstrategien – Fokus auf den Kunden. Diese Unternehmen richten sich darauf aus, den Kunden zu „besitzen“. Sie faszinieren und begeistern ihre Kunden. Beziehungsspezialisten sind: Die Scala in Mailand, Red Bull, Harley Davidson, Amazon, Google. Je mehr Services man von diesen Firmen nutzt, umso besser lernen diese Firmen ihre Kunden kennen und bieten daher noch mehr massgeschneiderte Lösungen an.
  • Fähigkeitsstrategien – Fokus auf Kernkompetenzen. Diese Unternehmen konzentrieren sich darauf bestimmte Prozesse oder Technologien mit hoher Kompetenz zu beherrschen. Fähigkeitsspezialisten sind Firmen wie z.B. Flextronics, Mc Kinsey, Boston Consulting.
Handlungsanleitung: Finde strategische Antworten auf die Fragen:
  • Wertangebot für Kunden: Was tun wir für den Kunden? Wie bieten wir ihnen einen aussergewähnlichen Nutzen?
  • Kernkompetenzen: Welche Dinge von Weltklasse können wir selbst herstellen?
  • Komplementärkompetenzen: Was können unsere Weltklassepartner besser als wir selbst? Wie verteilen wir die Aktivitäten zur Nutzensteigerung für den Kunden?

  • Zukunftsoptionen: Welches Wachstumspotenzial existiert, und wo ist es zu finden? Wie erschliessen wir es?

Lean-Startup 

Quelle: (vgl. Ries, 2001; Maurya, 2012).
Vertreter der "Schlanken Strategien" (vgl. Scheich, 2012).
Kernaussagen: Die Lean-Startup-Methode ist eine Strategiemethode aus Kombination von schnellem Feedback und Iterationen zum Unternehmen oder Produkt, dem Überprüfen des Geschäftsmodells und dementsprechend die Schnittmenge aus Kunden- und agiler Produktentwicklung. Mit ihr lässt sich früh genug auf Fehlentwicklungen reagieren und womöglich ein strategischer Kurswechsel herbeiführen Der Lean-Startup-Ansatz beschreibt eine strategische Methode bei dem mit möglichst wenig Kapitaleinsatz ein erfolgreiches Unternehmen gegründet oder Produkt erfolgreich in den Markt eingeführt werden kann. Der Fokus liegt hierbei auf Learning-by-doing durch das frühzeitige „An den Markt bringen“ des Produktes oder der Dienstleistung. Lean Startup geht davon aus, dass das Geschäftsmodell, auf dem das Produkt oder das Service aufbauen, aus einer Menge von Annahmen besteht. Diese gilt es anhand von Experimenten und Messungen zu validieren – so ähnlich, wie wir in der Wissenschaft Hypothesen überprüfen. Die Annahmen werden in einem Business Model Canvas (siehe auch: Busisness Modelling Canvas) festgehalten, mit dem man versucht, das Geschäftsmodell in wenige Teilbereiche aufzuteilen und übersichtlich, sowie anschaulich zu beschreiben. Um Annahmen zu überprüfen, müssen wir Feedback von tatsächlichen oder potentiellen Kunden einholen. Um Experimente mit möglichst wenig Aufwand und in schnellst möglicher Zeit durchzuführen, empfiehlt es sich, diese Produktinkremente (Teilergebnisse) so klein wie möglich zu halten. Dabei spricht man von einem Minimal Viable Product (MVP), also etwas Minimalem, das durchaus noch unvollständig sein darf, und gerade groß genug ist, um das Experiment durchzuführen. Damit wird Lernen zum Maßstab für Fortschritt, und nicht - wie meist üblich - die Anzahl umgesetzter Anforderungen als Erfolg gemessen. Verbildlicht wird dieses Lernen durch den Build-Measure-Learn Zyklus. Das Prinzip ist einfach: Zunächst wird etwas Kleines („Build“) erstellt. Darauf aufbauend werden Messungen durchgeführt („Measure“), um daraus etwas zu lernen („Learn“). Einen kompletten Durchlauf dieses Zyklus bezeichnet man als Experiment. Eine Grundidee von Lean Startup besteht darin, diese Experimente möglichst schnell durchzuführen. 
Handlungsanleitung: Für das Überprüfen eines MVP werden entsprechende Experimente durchgeführt. Am Anfang eines jeden Experiments steht eine klar definierte Hypothese, die es zu validieren oder falsifizieren gilt. Dann wird das MVP vorgestellt und die Reaktion darauf gemessen. 
Folgende Fragen sollten sich dabei beantworten lassen:
  • Welches Problem soll gelöst werden?
  • Wie würde die Lösung beim Kunden ankommen? Haben sie das Problem wirklich?
  • Ist der Fragesteller der Richtige, um das Problem zu lösen?
  • Würden die Kunden die Lösung akzeptieren?
  • Welche Art von Kunden würde das interessieren?
  • Welches Produkt könnte das Problem lösen?
Anwendungsbeispiele: Dropbox, Airbnb, Zappos.


Patching

Quelle: (vgl. Lehnert, 2003), (vgl. Eisenhardt/Martin, 2000).
Vertreter der "Dynamischen Strategien" - (vgl. Scheich, 2012).
Kernaussagen: Strategisches Patching wendet sich vom klassichen Strategieansatz radikal ab, bei dem man eine verteidigungsfähige Position und Marktdominanz erringen will. Nicht das Erreichen einer konkreten Zielposition ist wichtig, sondern das dynamische Positionieren des Geschäfts im Wettbewerb und in den Märkten. Flexible, wendige Prozesse auszubauen ist weitaus wichtiger für den Erfolg, als eine Marktposition zu erobern und zu verteidigen. Patching ist laut Eisenhardt/Martin für sogenannte „High Velocity Markets, also hoch dynamische Marktkonstellationen gedacht. Am Beginn von neuen Geschäftsmodellen oder im Moment von Veränderungen in Unternehmen bewährt sich das Anpassen und Ändern in Form vieler kleiner Schritte auf der Ebene der Geschäftseinheiten. Die Geschäftsstrategien werden durch „Patches“ (Flicken) laufend weitergeschrieben (aber nicht umgeschrieben). Im Einzelnen geht es um die Fähigkeiten zu lernen, externe strategische Ressourcen kompatibel zu machen und sinnvoll in die eigene Organisation einzugliedern sowie die vorhandenen internen strategischen Kompetenzen und Ressourcen zu koordinieren und permanent umzubauen. Zu diesen Ressourcen gehören Wissen, Prozesse, Human Resources und Technologien.
Handlungsanleitung: 
  • Reagiere rasch ohne aufwändiges Taktieren, um Zeitvorteile zu nutzen.
  • Entwickle für jede strategische Entscheidung mehrere Alternativen, um die Entscheidungsqualität zu verbessern.
  • Teste strategische Entscheidungen. Etabliere kleine Versuchsreihen, um Geschäfte in ihrer Funktionsweise zu verstehen. Lerne aus den Entscheidungen, und gib diese Grundsätze weiter.
  • Schreibe ein „Patching“-Drehbuch zur Entwicklung des Geschäfts, anstatt lange im Voraus zu planen. Das Drehbuch ist wie ein Logbuch auf einem Schiff. Es zeigt den strategischen Kurs an.
  • Improvisiere, um Unsicherheiten und Ungewissheiten zu überbrücken. Handle im Sinn der strategischen Idee, auch wenn konkrete Aktionsempfehlungen fehlen.
  • Denke und handle immer der Abwägung von Chancen und Risiken im Kopf.
 Anwendungsbeispiel: Google.


Strategie als Set simpler Regeln

Quelle: (vgl. Eisenhart/Sull, 2001).
Vertreter der "Verrückten Strategien" (vgl. Scheich, 2012).
Kernaussagen: Strategien, die einen hohen Grad an Anpassungsfähigkeit haben sollen, dürfen nicht zu einem beengenden Korsett für die Handelnden werden. Ein Set von simplen Regeln gibt Richtung, ohne  Veränderung selbst zu behindern. Unterschieden wird in: Funktionsregeln (Beispiel: Die japanische Forma Akami ist für ihren exzellenten Kundenservice bekannt. Wie ist dieser gestaltet? Jedes Serviceteam hat einen techn. Experten zur Verfügung, der Spezialfragen sofort beantworten kann. Das gesamte F&E Team wird im Rotationsverfahren in den Kundenservice eingebunden; Changeregeln (Beispiel: Unternehmen, wie Vodafone haben einfache Rituale aufgesetzt, um Trends an verschiedenen Stellen der Unternehmensorganisation zu identifizieren und mit dem strategischen Entscheidungsprozess zu verknüpfen; 
Prioritätsregeln (Beispiel: Anstatt konkrete Zeile zu bestimmen, geben Prioritäten eine flexible Orientierung und helfen bei Rangfolgen von möglichen Opportunitäten; Timingregeln (Beispiel: Nortel hat Regeln zur Produktentwicklung aufgestellt. So darf eine neue Produktentwicklung nicht mehr als 18 Monate betragen; Ausstiegsregeln (Beispiel: Dieses Regelset legt fest, wann werden Projekte beendet, wenn sie die Resultate noch nicht erbracht haben? Wann werden Geschäfte abgebrochen, wenn sie die Erwartung noch nicht erfüllt haben? Wann werden Märkte verlassen, wenn die Zielsetzung nicht erfüllt werden konnte?).
Anwendungsbeispiele: Vodafone, Americano Latino Logistica, Sun Microsystems, Yahoo, Google.

Weiterführende Literatur

Brandstätter, M. (2013a): http://organisationsgestalter.blogspot.co.at/2013/07/agile-werkzeuge-fur-das-strategische.html (Abfrage: 04.06.2015).

Brown, S. L. /Eisenhardt, K. (1998): Competing on the Edge. Strategy as Structured Chaos.

Eisenhardt, K./Martin, J. A. (2000): Dynamic Capabilities – What are they? in: Strategic Management Journal, 40/2000.

Eisenhardt, K./ Sull, D. (2001): Strategy as Simply Rules, in HBR, Nr. 79 01/2001, in: Harvard Business Manager (2012): Einfache Regeln für eine komplexe Welt in: HBM Nummer 201210038, S. 38 - 46.

Fahey, L./Narayanan, V. K. (1986): Macroenvironmental Analysis for Strategic Management. 

Heitger, B. (2013): Issue_10 Agilität. From Fragile to Agile, http://www.heitgerconsulting.com/index.php?idcatside=507 (Abfrage: 04.06.2015).

Heitger, B./Doujak, A. (2014): Harte Schnitte Neues Wachstum: Wandel in volatilen Zeiten. Die Macht der Zahlen und die Logik der Gefühle im Change Management.

Heitger, B./Serfass, A. (2015): Unternehmensentwicklung: Wissen, Wege, Werkzeuge für morgen.

Kaplan, R. S./Norton, D. (2004): Strategy Maps Strategy Maps – Der Weg von immateriellen Werten zum materiellen Erfolg, Aus dem Amerikanischen von Péter Horváth und Bernd Gaiser, Stuttgart 2004.

Koch, H. (1977): Aufbau der Unternehmensplanung.

Lehnert, J. (2003): The strategic process as a sequence of linear and recursive subprocess - The interaction between planning and bricolage, Präsentationspapier INSEAD, 

Maurya, A. (2012): Running Lean: Iterate from Plan A to a Plan That Works.

Müller-Stewens, G./Lechner, C. (2003): Strategisches Management. Wie strategische Initiativen zum Wandel führen.

Osterwalder, A./Pigneur, Y. (2011): Business Model Generation: Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer.

Porter, M., E.  (1980): Competitive Strategy: Techniques for analyzing industries and competitors with a new introduction.

Ridderstrale, J./Nordström, K. (2001): Funky Business - Wie kluge Köpfe das Kapital zum Tanzen bringen.

Ries, E. (2001): The Lean Startup: How Constant Innovation Creates Radically Successful Businesses.

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