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Sonntag, 1. Februar 2015

Innovationen nicht wegen, sondern trotz Innovationsmanagement

Eine grundsätzlich gute Idee stand am Anfang

Am 2. Oktober 2012 veröffentlichte die Promotorengruppe Kommunikation der Forschungsunion Wirtschaft die sogenannten Umsetzungsempfehlungen mit dem Namen „Deutschlands Zukunft als Produktionsstandort sichern Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0“ welche im Auftrag der Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland entstand und die 4. Phase der industriellen Revolution einläuten soll.

Die lineare Fortführung einer langsam auslaufenden Vergangenheit

Neben der Sicherung des Zukunftsstandorts Deutschland soll mit den Handlungsempfehlungen auch der technische Fortschritt und die Innovationen als sogenannter Wachstumsmotor der Wirtschaft voran getrieben werden. Die damit einhergehenden strukturellen Veränderungen in der gesamten Produktionslandschaft im Sinne von Effizienz,  Ressourcenschonung und letztendlich nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit sind beabsichtigt. Hierbei sollten Innovationen im Konzert aller Produktionsbestandteile also eine große  Rolle spielen. Demnach ist die Innovationstätigkeit in Unternehmen als ein solches für sehr wichtig identifiziert worden, das hinkünftig gestärkt werden muss.

Die pragmatische Betrachtung der beginnenden Zukunft

Wir müssen uns aber vorher die Frage der Sinnhaftigkeit und des Nutzens von bestehendem Innovations- und Ideenmanagement stellen. Ferner gilt es auch herauszufinden, ob die Methoden des aktuellen Innovations- und Ideenmanagements in ihren unterschiedlichen Ausprägungen und Möglichkeiten eine sinnvolle Neueinrichtung bzw. eine sinnvolle Ergänzung zum bisher bekannten Unternehmensbereich „Forschung und Entwicklung“ darstellt. 

Wenn man dazu aktuelle Studien zu diesem Thema liest, kann man zusammenfassend feststellen, dass trotz einer Initiative "Industrie 4.0", steigender Digitalisierung der Geschäftsfelder und dem erschwerenden Wettbewerbsdruck, das Thema Innovation besonders in Klein- und mittelständischen Unternehmen nicht diesen notwendig hohen Stellenwert eingenommen hat. Die Wertschätzung und Beachtung von Innovations- und Ideenmanagagement ist signifikant zu niedrig. Das Innovationsverhalten - speziell in klein- und mittelständischen Unternehmen - ist geprägt von Irrtümern und fehlender Wertschätzung für des gesamte Thema „Innovation“.

Innovationen nicht wegen, sondern trotz Innovationsmanagement

Als Beispiel dazu beschreibt Ulf Pillkahn, Innovationsmanager in der Siemens AG, im Kapitel 3 des Buches „Die Musterbrecher“, dass die Innovation in Unternehmen oftmals als einen Widerspruch in sich darstellen. Er beschreibt Innovationen als grundsätzlich vielschichtig, komplex, kompliziert und diffus. Es treten dabei immer Fragestellungen auf, die von den zuständigen Management nicht einfach beantworten oder zu entscheiden sind. Anstatt zu versuchen, die eigentlichen Innovationen zu verstehen, ist man grossteils bemüht, die Instrumente des bestehenden Innovationsmanagements zu schärfen, sie quasi in "Kästchen" zu pressen. Dies bedeutet also ein "Mehr" von der Verpackung als vom Inhalt.

Pillkahn beschreibt dazu ein Praxisbeispiel: Seines Erachtens ist der innovativste Bereich innerhalb des Siemenskonzerns, der Bereich Health Care. Er stellt fest, dass dieser Bereich natürlich auch einen Innovationsprozess in der eigenen Prozesslandkarte etabliert hat. Sieht man sich jedoch die tatsächlichen Innovationen an, die darin entstanden sind, stellt man fest: Null Prozent der Innovationen entstanden aus diesem Innovationsprozess. Alles Neue ist komplett am Innovationsprozess vorbei entstanden. 

Soll heissen: Dass man nicht wegen, sondern trotz des Innovationmanagements innovativ ist! Das dramatische an dieser Feststellung ist jedoch die Schlussfolgerung der Manager. Anstatt diesen Innovationsprozess grundsätzlich infrage zu stellen, durchleuchtet man ihn auf Fehler hin und möchte ihn optimieren. 

Innovation lässt sich nicht verordnen

Wir können beobachten, dass das traditionelle Management in Angelegenheiten von Innovationen immer öfters und immer schneller nervös wird. Es fehlen  den Führungskräften scheinbar klare Steurerungsgrössen und Regelwerkzeuge über den Innovationsprozess hinaus. Die Ausbildung von Führungskräften ist immer noch mehr von den Methoden, Kennzahlen, Regelungen und hierarchisch orientierten Steuerkreisen, als von Autonomie in der Organisation zur Bewältigung von Komplexität, geschweige denn von Experimenten und Ausprobieren geprägt.

Und dies in Zeiten wo die Komplexität in der Unternehmensorganisation zunimmt, Änderungen schneller und drüber hinaus oftmals schlagartig ohne Vorzeichen bekannter Verhaltensmuster auftreten. 

Organisatorische Innovationen in Unternehmen als die Basis für innovative Organisationen

Man kann feststellen dass unsere bestehenden Organisationen und Organisationsformen grundsätzlich nicht dafür geschaffen sind Innovation hervorzubringen. Man kann sogar behaupten dass sie sie sogar kanibalisieren. Aber wie kann es dennoch gelingen dass Innovationen in Unternehmen hinkünftig noch schneller und reibungsfreiher entstehen.

Innovationen und Gedankenexperimente können nur von Menschen und nie von Organisationen hervorgebracht werden (Eppler, 2014S.5 ff.). Es geht darum, dass in Organisationen Neues entstehen darf, also dass Fragen zulässig sind, für die noch aktuell kein Bezugssystem existiert (von Förster, 1993, S. 69 ff.).

Wenn Unternehmen wirklich das Neue wollen, müssen sie Dinge tun, die oftmals im Widerspruch zum Bekannten stehen. Und dafür benötigen Sie Freiräume.

Manager sollten sich daher neben dem Arbeiten im Organisationssystem mehr mit dem Arbeiten am Organisationssystem, also mit Experimenten und Ausprobieren rund um  die Gestaltung von kreativen Freiräumen beschäftigen (Kaduk, 2013, S34 ff.). Organisatorische Innovationen in Unternehmen sind notwendig, da diese oftmals die Basis für innovative Organisationen sind (Brandstätter, 2014). Viele kennen das Beispiel von Google, das von seinen Entwicklern verlangt, dass sie 20% ihrer Zeit als "Kreativzeit" nicht für das Unternehmen, sondern für Innovationen nutzen können. Keiner muss sich dabei rechtfertigen, wofür er diesen Tag pro Woche verbringt und verwendet.

Die Begegnung von Führungskräften und Mitarbeitern auf selber Augenhöhe stellt dabei eine wichtige Basis dar.


Weiterführende Literatur

Brandstätter, Manfred (2014): Organisatorische Innovationen als  Basis für Innovation in Organisationen, organisationsgestalter.blogspot.co.at/2014/04/organisatorische-innvoationen.html

Brandstätter, Manfred (2014): http://organisationsgestalter.blogspot.co.at/2014/08/das-los-des-innovators.html

De Bono, Edward (2013): Neue Denkschule, München.

De Bono, Edward (2010): Think - Denken bevor es zu spät ist, München.

Denning, Stephan (2010): The Leaders´s Guide to Radical Management. Reinventing the Workplace for the 21st Century, San Franzisko.

Erbeldinger, Juergen; Ramge, Thomas (2013): Durch die Decke denken. Design Thinking in der Praxis. München: Redline-Verlag,

Eppler, Martin (2014): Das Experiment. Wie sich Organisationen auf Probe nur erfinden. In Organisationsentwicklung. Die Zeitschrift für Unternehmensentwicklung und Change Management (Ausgabe 3/2014), Handelsblatt-Verlag, Düsseldorf.

Geschka, Horst; Lantelme, Gudrun (2005): „Problemlösungsstrategien“ in: Marion A. Weissenberger-Eibl und Sonja Bidmon (Hg.): Gestaltung von Innovationssystemen. Konzepte - Instrumente - Erfolgsmuster. Kassel: Cactus-Group-Verlag, S. 309–328.

Heitger, Barbara (2013): Next Level Enterprise - Trends der Unternehmensentwicklung, Wien.

Kaduk, Stefan et al. (2013): Musterbrecher - Die Kunst das Spiel zu drehen, Hamburg

Khalil, Ihsan (2014): Innovationsverhalten von Klein- und mittelständischen Unternehmen, Salzburg

Pfläging, Niels (2013): Organisation für Komplexität. Wie Arbeit wieder lebendig wird - und Höchstleistung entsteht, Frankfurt.

Pink, Daniel (2009): Drive. Was Sie wirklich motiviert, New York, Salzburg.


Weitere Internetquellen

http://augenhoehe.jimdo.com  (Abfrage:31.01.2015 um 12:30)

http://www.hightech-strategie.de/de/Industrie-4-0-59.php (Abfrage:31.01.2015 um 12:30)

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ideenmanagement-in-den-m…l.c762902f-e8fd-472f-
9055-f280945fdb3a.presentation.print.v2.html (Abfrage:31.01.2015 um 12:30)

http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/innovationsmanagement.html (Abfrage:31.01.2015 um 12:30)