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Montag, 25. März 2013

Die Optimierung des Markenbildungsprozesses mittels Scrum



Gemeinsam mit Fabio Aresu, dem Geschäftsführer der Branding Agentur Markenkern AG (www.markenkern.ch) in Chur in der Schweiz, habe ich vor wenigen Jahren ein interessantes Scrum-Projekt gestartet und möchte nachfolgend die Erfahrungen kurz zusammenfassen.

Abstract

Markenbildung ist schwierig und herausfordend. An dieser Tatsache ändert auch eine agile Organisationsmethode nichts. Denn das Wesen der Markenbildung ist Innovation und Kreativität. Jedes Projekt in dieser Richtung befriedigt nicht nur das Bedürfnis des Markeninhabers und -betreibers, sondern in erster Linie die des Bestands- und Neukunden dieser Marke. Oft scheitern Markenbildungsprojekte oder liefern Ergebnisse, die weder die Kunden zufriedenstellen noch die angestrebten wirtschaftlichen Ziele erreichen lassen (vgl. Esch, 2005, S. 24ff.).


Ausgangssituation und Problemstellung

Kein Markenbildungsprozess beginnt in der Praxis bei Null. Jedes neue Produkt und jede neue Dienstleistung ist in einen bestehenden Kontext eingebettet, um die Vermarktung schneller vorantreiben zu können. Dies bedeutet auch, dass die Projektmitarbeiter bewusst oder unbewusst nach einer für sie idealtypischen Herangehensweise zur Markenbildung vorgehen wollen. Somit prallen verschiedene Prozesse aufeinander, die in den meisten Fällen die Time-to-Market Phase erheblich verlängern, im schlimmsten Szenario sogar die Einführung gefährden, weil eine einheitliche Vorgehensweise und  zielgerichtete Kontinuität  in der  sensiblen Anfangsphase nicht gegeben sind.

Ablauf eines klassischen Markenbildungsprozesses 

Die nachfolgende Prozessbeschreibung in geraffter Form, soll die wesentlichen Elemente der Markenbildung kurz umreissen.
Auf Basis einer gründlichen Marktanalyse inklusive Desk- und Field Research wird der gewünschte Positionierungsraum der Marke definiert. Mit Hilfe einer klar definierten Vision, eines stringent umrissenen Brand Plans und der Formulierung des Markenversprechens wird die Strategie geformt. Darauf aufbauend erfolgen die operativen Massnahmen zur erfolgreichen Implementierung der Marke. Im Falle einer Neupositionierung muss darauf geachtet werden, die bisherigen zentralen Charakterelemente und –eigenschaften der Marke behutsam in einen neuen Positionierungsraum zu überführen. 

Probleme im Markenbildungsprozess 

Allgemeine Problemstellung

Auf Grund der komplexen Herausforderungen, namentlich in Kombination betriebswirtschaftlicher und wirtschaftspsychologischer Fragestellungen, werden oft Projektteams mit internen und externen Spezialisten gebildet. Dies bedeutet in der Praxis in der Regel, dass unterschiedlichste Vorgehensweisen, Analysemethoden und Problemlösungsszenarien aufeinanderprallen, die inkohärent sind und dem eigentlichen Ziel, eine starke Marke mit einer klaren Idee aufzubauen, diametral entgegenlaufen.

Probleme in traditionellen Markenbildungsprojekten

Das zentrale Problem traditioneller Vorgehensweisen besteht darin dass Marketingexperten  frühzeitig versuchen, alle Eventualitäten und Arbeitsdetails des Markenbildungsprozesses zu antizipieren und einzuplanen um anschliessend streng formalisert, dieses Programm als Projekt auszuführen (vgl. Pichler, 2008, S. 4). Gleichzeitig erhalten wir erst spät im Projekt Rückmeldung duch den Kunden über den tatsächlichen Projektfortschritt meist erst dann, wenn das Projekt schon im letzten Drittel der Markenbildung angelangt ist.


Lösung mit Scrum, einem Rahmenwerk für agile Projektorganisationen

Timeboxing als Orientierungsrahmen 

In Scrum - einer agilen Methode für Projektorganisationen - werden alle Aktivitäten der Markenbildung innerhalb einer fixen Zeitbox (fixer Zeitraum von 20 oder 30 Tagen) ausgeführt  - in Scrum wird dies als „Sprint“ bezeichnet. So bekommt das Projektteam nach wenigen Tagen Rückmeldung über den Fortschritt und wertvolle Informationen etwaiger Probleme und Hindernisse. Die Projektplanung fußt auf dem tatsächlichen Fortschritt des Projektes. 
Durch die Verwenden von kurzen Arbeitszyklen, an deren Ende IMMER ein Mehrwert für das Projekt (Fokusgruppenbefragung, Prototyp einer neuen Verpackung, Produktvergleichstests, uvam.) entstanden sein muss, werden Probleme frühzeitig offensichtlich. So besteht die Möglichkeit, rechtzeitig Ursachen von Problemen zu aufzufinden, Lösungsoptionen zu entwickeln und die richtigen Massnahmen zu ergreifen. Das frühe Auffinden von Problemen eröffnet dem Projektteam einen grösseren Handlungsspielraum und Flexibilität. Ergänzt wird die Theorie von Scrum durch die Art und Intensität in der Kommunikation in Abhängigkeit von der entsprechenden Projejktphase (vgl. Brandstätter/Gölzner/Siems, 2006).

Besonderheiten in der agilen Projektabwicklung 

Der Unterschied einer agilen Projektmanagementmethode - in diesem Falle Scrum  gegenüber der Projektorganisation in der klassischen Methode liegt in folgenden Aspekten begründet (vgl. Oesterreich/Weiss, 2008): 

  • Scrum besitzt die Besonderheit, dass das Projektteam eigenverantwortlich in der Umsetzung agiert und innerhalb von fixen Zeitabschnitten fertige Detailergebnisse - so genannte inkrementale Produkte (vgl. Pichler, 2008, S. 32) - liefert. 
  • Der Vorteil  der Methode Scrum liegt darin, dass das Erreichen eines fix definierten Endtermins einfacher zu erreichen ist, als in der klassischen Projektmanagementmethode. Die Begründung liegt in fixen Vorgaben für Zeit und Tätigkeiten.
  • Scrum kommt grundsätzlich aus der Softwareentwicklung, ist aber nicht für Software Entwicklungsprojekte  alleine ausgelegt. Vielmehr versteht sich Scrum als generische agile Projekt Management Methode für unterschiedliche Projektarten (vgl. Pichler, 2008 S. 7ff.; Takeuchi/Nonaka, 1986, S. 237ff.). Diese Erkenntnis kann ich aufgrund meiner Erfahrung aus einer Vielzahl an abgeschlossenen Scrum Projekten ausserhalb der Software-Branche bestätigen.
  • Scrum kennt gegenüber der traditionellen Projektorgansiation keine Rolle des Projektmanagers (vgl. Schröder, 1973, S. 27). Die Rollen in Srum lauten vielmehr:
    • Product Owner - Verantwortlich für die Funktionalitäten und das Ergebnis des Markenbildungsprozesses, ist zumeist der Marketingleiter oder Produktmanager. Dieser gibt die inhaltlichen Anforderungen in einem priorisierten Product Backlog (Produktkatalog) , der in Form von „User-Stories“ verfasst ist.
    • Scrum-Master – Verantwortlich für den Prozess, nicht für das Ergebnis ist zumeist ein erfahrener Mitarbeiter des Markeneigners oder derbeauftragten Agentur .
    • Team – als interdisziplinäre Gruppe (bestehend aus internen und externen Mitarbeitern) führt alle Arbeiten, die zur Umsetzung der Anforderungen in auslieferbare Ergbnisse und Teilergebnisse (Produktinkremente) notwendig sind, eigenverantwortlich aus.
    • Anwender – ist jene Pesonengruppe, die mit dem Projektergebnis arbeiten, konsumieren oder interagieren muss.


Vorteile in agilen Markenbildungsprojekten

Beim konsequenten Einsatz von Scrum werden folgende positive Aspekte spürbar:
  • Kundenzufriedenheit: Durch die von Scrum bedingte enge Zusammenarbeit mit den Auftraggebern und Kunden (Markenkunden) und deren Einbeziehung beispielsweise in Anforderungsworkshops und Sprint-Reviews wird sichergestellt, dass das resultierende Markenergebnis zielgenau (Zeit- und Kostenplanung wird exakt eingehalten) erreicht wird.
  • Time to market: Scrum ermöglicht durch eine strikte Priorisierung der Anforderungen, durch die Vermeidung von Fehlleistung und Ressourcen-Überlastung  das Projektziel des Markenbildungsprozesses zu erreichen oder zu übertreffen.
  • Qualität: Scrum richtig angewendet führt zu einer spürbaren Verbesserung der Ergebnisqualität. 
  • Produktivität: Durch enge Kollaboration, Selbstorgansiation, durch Bevollmächtiung der Projektmitarbeiter, durch das Vermeidem von Fehlleistungen und das Fokusieren auf die wichtigsten Anforderungen steigert Scrum die Produktivität.


Abb.: Artikel in der Zeitschrift Medinet Ausgabe 04/2008

Weiterführende Literatur

Brandstätter, M./ Gölzner/H., Siems, F. (2006): Diversifizierte Kommunikation auf Basis des Event Life Cycle. Eine interdisziplinäre Betrachtung für die Stakeholder Netzwerkpartner, Mitarbeiter und Kunden. In: Proceedings of VI. Interdisziplinäres Symposium „Europäische Kulturen in der Wirtschaftskommunikation (EUKO 2006)”, Turku, S. 24-25.

Deichsel, A., (2004): Markensoziologie, Frankfurt am Main

Esch, F-R. (Hrsg.), (2005). Moderne Markenführung, Wiesbaden

Oesterreich, B./Weiss, C. (2008): APM - Agiles Projektmanagement. Erfolgreiches Timeboxing für IT-Projekte, Heidelberg.

Pichler, R. (2008): Scrum. Agiles Projektmanagement erfolgreich einsetzen, Heidelberg.

Schröder, H., (1973): Eine Führungskonzeption für aussergewöhnliche Ereignisse, Wiesbaden.

Takeuchi, H./Nonaka, I. (1986): The New Product Development Game. Stop running the race and start rugby. In: Harvard Business Review. Jan-Feb 1986, Harvard, S. 137-146.

Unger, F / Fuchs W., (2005), Management der Marketing-Kommunikation, Heidelberg




Sonntag, 17. März 2013

Bedeutung der Integrierten Kommunikation in der Innen- und Außendarstellung von Projekten


Wir sprechen im Zusammenhang von Projekten gerne von Erfolg oder Misserfolg und dass die Kommunikation daran einen hohen Anteil besitzt. Darum ist mir wichtig, heute das Thema Kommunikation - schwerpunktmäßig die integrierte Kommunikation in Projekten - zu beleuchten. 

Die nachfolgende Arbeit habe ich im Jahre 2011 gemeinsam mit meinem befreundeten Kollegen - Prof. Dr. Marcus Stumpf, Fachbereichsleiter Marketing und Relationship Management im Studiengang Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Salzburg verfasst (Nielsen, M. et al. (Hrsg.): .... + Seitenzahl)


1. Projektkommunikation als Erfolgsfaktor

Ausgangspunkt der vorliegenden Forschungsaktivitäten sind Erkenntnisse aus Studien sowie Projektarbeiten im Bereich der Forschung und Entwicklung, die unabhängig von Branchen zeigen, dass in Projekten eine hohe Misserfolgsrate bezüglich der gesetzten Projektziele besteht. Dies belegen beispielsweise die Erkenntnisse der so genannten CHAOS-Studie in zwei Punkten: Zum einen erreichen circa 70% der in dieser Studie untersuchten Technologieprojekte ihre Vorgaben nicht und übersteigen die vorgegebenen Zeit- und Kostenbudgets. Zum anderen ist der mit Abstand bedeutendste Misserfolgsfaktor von in Schieflage geratenen Projekten die mangelhafte Projektkommunikation. Die Standish Group International Inc., ein internationales Forschungsinstitut mit dem Schwergebiet Projektmanagement, beschreibt in ihrer jährlich wiederkehrenden CHAOS-Studie (vgl. CHAOS 2011) – mittlerweile in der fünfzehnten Auflage erschienen – die Ergebnisse von über 40.000 internationalen Technologieprojek-ten. Eines der beiden Studienergebnisse ist die Kategorisierung von Projekten in Relation zu ihrem Projekterfolg. Sie identifiziert dabei drei Typen von Projekten:
  • Typ-1-Projekte – on time and on budget (28%),
  • Typ-2-Projekte – on time or on budget (23%),
  • Typ-3-Projekte – over time and over budget or aborted (49%).

Ein zweiter Aspekt der Studie identifizierte die Erfolgsfaktoren bei den Typ-1-Projekten bzw. die Misserfolgsfaktoren bei den Typ-2- und -3-Projekten. Als Erfolgsfaktoren der Typ-1-Projekten kamen die Autoren der CHAOS-Studie zu folgender Aussage, gereiht nach Häufigkeiten:
  • Exekutive unterstützt die Projekte: Das Top-Management in einem Unternehmen fungiert als interner Auftraggeber in Projekten. Der interne Pro-jektauftraggeber übt dabei die Rolle des Projektmentors aus und kann im Bedarfsfall eine Ressourcenverfügbarkeit auf Anfrage der Projektleitung ermöglichen.
  • Einbeziehung der Nutzer: Die Nutzer der Projektergebnisse in den Typ-1- Projekten – das sind z.B. in Software-Projekten die Anwender, in Organisa-tionsprojekten die von den organisatorischen Änderungen betroffenen Mit-arbeitenden oder in Produktentwicklungsprojekten die Endkunden – werden schon frühzeitig in die Projektierung mit einbezogen.
  • Erfahrener Projektleiter: Projektleiter von Typ-1-Projekten verfügen über die notwendigen methodischen, sozialen und querschnittspezifischen Kom-petenzen. Diese „erfolgsrelevanten“ Kompetenzen werden inhaltlich in den Whitepapers der International Project Management Association (IPMA) (vgl. ICB 2009: 9ff.) bzw. der Whitepapers des Project Management Insti-tute (PMI) (vgl. PMBOK 2008) explizit aufgeführt und beschrieben.
  • Einhaltung von Standards: Die Projekte der Typ-1-Kategorie weisen eine Standardisierung in der Projektbeauftragung, der Planung, Durchführung und im Abschluss von Projekten auf. Als Standards im Sinne von Verein-heitlichungen werden in diesem Kontext wiederkehrend zur Anwendung kommende Verfahrensanweisungen und Formatvorlagen verstanden. Diese orientieren sich inhaltlich im Wesentlichen an den Whitepapers der IPMA und PMI. Bestimmend war im Punkt der Standardisierung der Umstand, ob generelle Standardisierungen und daher eingehende Verbesserungen in den Projekten derselben Unternehmen beobachtet werden konnten. Grundsätz-lich werden derartige kontinuierlichen Verbesserungen in der Literatur auch als Merkmal für den Projektreifegrad verstanden (vgl. Schelle et al. 2007: 491ff.).
  • Zuverlässige Schätzungen: Darunter verstehen die Autoren der Studie die Abprüfbarkeit der Schätzergebnisse aus der Projektbeauftragungs- sowie der Projektplanungsphase mit den realen Ergebnissen nach Abschluss des Projektes. Dies bedingt jedoch einen institutionell vorgenommenen Ver-gleich der Planwerte mit den Ergebniswerten unter Einbeziehung alle Projektbeteiligten. Auch hier kommt ein ausgeprägter Kommunikationsaspekt zum Tragen.

In der Aufstellung der Misserfolgsfaktoren bei den Typ-2 und -3-Projekten dominiert der Faktor Kommunikation. Dabei ermittelten die Autoren der Studie ein Defizit in der internen und externen Kommunikation von Projekten. Als interne Kommunikation sind alle kommunikativen Handlungen zwischen den Personengruppen innerhalb des Projektes zu verstehen. Die Perso-nengruppen eines Projektes sind in Projektmitglieder- und -mitarbeitende, sowie dem Projektleiter und dem internen Projektauftraggeber definiert. Unter externer Kommunikation versteht die Lehre des  Projektmanagements die kommunikati-ven Handlungen zwischen Projektpersonen und ihrem Umfeld (vgl. Brennhold/Streich 2009; IPMA-Baseline 2009:20; PMBOK 2008). Diese Ergebnisse entsprechen auch denen von Lechler (1997), der in seinen Forschungsaktivitäten zum Themenbereich „Projektkommunikation“ darauf hingewiesen hat, dass gerade projektinterne und -externe Kommunikation Schlüsselfaktoren für den Erfolg bzw. das Scheitern von Projekten sind.
Die Ergebnisse der seit dem Jahre 1998 wiederkehrend erstellten CHAOS-Studie werden durch eine Studie der Gesellschaft für Projektmanagement (vgl. Engel et al. 2006) bestätigt, die als einen wesentlichen Erfolgsfaktor die Kommunikation im Sinne von nachhaltiger Kommunikation innerhalb und außerhalb der Projektorganisation identifiziert. In der Studie wurde ermittelt, dass durchschnittlich 37% aller Projekte als nicht erfolgreich bzw. 63% als erfolgreich eingeschätzt werden. Anhand der Einschätzung des Projekterfolgs lassen sich drei Unternehmenstypen unterschieden:
  • Top-Unternehmen: Hierzu werden Unternehmen kategorisiert, die Projekte zu mindestens 80% erfolgreich durchführen.
  • Standard-Unternehmen: Im Rahmen der Studie wurden alle jene Unter-nehmen zu dieser Kategorie gezählt,  die 50-80% ihrer Projekte erfolgreich durchführen. Diese Unternehmen gelten laut Studienautoren auch als Abbild der heutigen Projektpraxis. 
  • Low-Unternehmen: Zu dieser Kategorie gehören Unternehmen, bei denen weniger als 50% der Projekte erfolgreich sind. 
  • In Bezug auf die Projektkommunikation kommen die Autoren entsprechend zu folgenden Erkenntnissen:
  • Top-Unternehmen kommunizieren über angemessenes Projektreporting professionell zum Management.
  • Top-Unternehmen kommunizieren im Gesamtunternehmen regelmäßig über die Projekte und deren Fortschritt.
  • Neben etablierten Informationswegen werden dialogorientierte, interaktive Kommunikationsmethoden eher weniger angewandt.
  • Die gesonderte Rolle eines Kommunikationsverantwortlichen ist bei Low- wie bei Top-Unternehmen nur in Ausnahmefällen etabliert (vgl. Engel et al. 2006). 

Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist zudem, dass eine der Hauptursachen für das Scheitern von Projekten darin liegt, dass die in der Startphase eines Projektes notwendigen kommunikativen Handlungen (u.a. zyklische Abstim-mungen in der frühen Phase des Projektes zwischen internen und externen Auftraggeber sowie das frühe Einbeziehen des Projektleiters) nicht vorgenommen werden (vgl. IPMA-Baseline 2009;10f.; Kummer et al. 1985: 24ff.; Schelle et al. 2007: 134ff.). 

Weiter Untersuchungen zeigen schließlich, dass viele Projektleiter dem Aspekt der Kommunikation innerhalb und außerhalb der Projektorganisation eine eher untergeordnete Stellung zuordnen (vgl. Litke 2007). Litke und Kunow (2008) kommen in ihren Arbeiten zum Ergebnis, dass die Ursachen mangelhaf-ter Projektkommunikation in unklarer Zielgruppendefinition, Ausprägung des Inhaltes und Wahl der Kommunikationsverfahren sowie -mitteln liegen. Zudem nennen sie „transparente Kommunikation“ im Sinne der einheitlichen Struktu-rierung von Inhalten, Verfahren und Verhalten in der Projektkommunikation als Erfolgsfaktor. Zusammenfassend kann somit von einer hohen Korrelation zwi-schen Kommunikationsverhalten und Projekterfolg gesprochen werden (Brenn-hold/Streich 2009: 65ff.).


2. Nachhaltigkeitskommunikation und Integration

Um das Wesen nachhaltiger Kommunikation detaillierter zu beschreiben, werden nachfolgend die damit verbundenen Begrifflichkeiten erläutert. Der Begriff der Nachhaltigkeit setzt sich im allgemeinen Verständnis aus drei Komponenten zusammen, die auch als Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit bezeichnet werden (vgl. Axmann 2008: 42ff.):
  • Unter ökologischer Nachhaltigkeit wird das Bestreben verstanden, Natur und Umwelt für die kommenden Generationen zu erhalten. 
  • Die ökonomische Nachhaltigkeit beschreibt eine Wirtschaftsweise, die dau-erhaft eine tragfähige Grundlage für Erwerb und Wohlstand bietet. 
  • Ergebnis einer sozialen Nachhaltigkeit ist eine Gesellschaft, die Partizipation für alle ihre Mitglieder ermöglicht, um so eine auf Dauer zukunftsfähige und lebenswerte Gesellschaft zu schaffen.

Den nachfolgenden Generationen ist demnach ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches System zu hinterlassen, in dem die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten werden sowie die gesellschaftliche Solidarität und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gleichberechtigt Berücksichtigung finden (vgl. BMU/BDI 2002: V). Im ursprünglichen Wortsinn und im Sprach-gebrauch besteht das Wort „Nachhaltigkeit“ aus dem Wortstamm „nach“ und „Haltigkeit“ im Sinne von: etwas „hält“ lange „nach“ dem es gebaut oder es in Bewegung gesetzt wurde. Entsprechend erläutert der Duden Nachhaltigkeit mit „längere Zeit anhaltende Wirkung“ (Duden 2011).
Aus der Kombination der Begriffe „Nachhaltigkeit“ und „Kommunikation“ (im marketingspezifischen Sinne) ergibt sich der Begriff der Nachhaltigkeitskommunikation, der nachfolgend einer genaueren Betrachtung unterzogen wird. Ziemann definiert den Begriff allgemein als „... weltgesellschaftlicher (massenmedial begleiteter) Prozess, der aus der rekursiven Anordnung von Beiträgen und Argumenten zum Thema besseren Lebens in ökologischer, öko-nomischer und sozialer Hinsicht besteht“ (Ziemann 2007: 126f.). Am Beispiel des Marketing stellen Schulz et al. (2008: 34) klar, dass zwei Arten der Nach-haltigkeitskommunikation zu unterscheiden sind: Die Nachhaltigkeitskommuni-kation, wie sie oben von Ziemann definiert wurde, und die nachhaltige Kommu-nikation, die sich auf eine „nachhaltige“ Wirkungsweise der Kommunikations-instrumente bezieht und die möglichst nachhaltig im Sinne von ressourceneffizient kommuniziert. In diesem Beitrag wird auf die letzte Variante fokussiert. 
Als wichtiges Prinzip der Nachhaltigkeitskommunikation verweisen zahlreiche Autoren (u.a. Lühmann 2003: 66) auf die Integration. Aus Sicht der Nachhaltigkeitskommunikation spielt der Integrationsgedanke in der Tat in vielfältiger Hinsicht eine wichtige Rolle. Durch die integrierte Sichtweise von ökonomischen, sozialen und ökologischen Aspekten des Wirtschaftens weist das Nachhaltigkeitskonzept zum einen selbst eine Integrationskomponente auf. Zum anderen handelt es sich bei der Nachhaltigkeitskommunikation nicht um einen eigenen Programmbereich der Public Relations, wie etwa interne Kommunikati-on, Medienarbeit, Investor Relations oder Educational Relations, sondern viel-mehr um einen Aufgaben- und Themenbereich, der im Sinne einer Querschnitts-funktion situativ in die verschiedenen Programmbereiche inhaltlich integriert wird. Zudem verlangen konfliktreiche Themenbereiche, wie sie mit der Nach-haltigkeit verbunden sind, eine symmetrische und dialogorientierte Kommuni-kationsform, bei der die Anliegen der externen Anspruchsgruppen nach innen getragen und in die Entscheidungsabläufe des Unternehmens integriert werden (vgl. Lühmann 2003: 32). Zusammenfassend wird somit deutlich, dass sich aus der integrationsorientierten Kommunikation Anknüpfungspunkte für die Nachhaltigkeitskommunikation ableiten lassen.


3. Integrationsorientierte Kommunikationsansätze

Die seit Jahren fortschreitende Sättigung der Märkte, eine zunehmende Vielfalt an Marken in den unterschiedlichen Produktbereichen sowie eine festzustellende Homogenität der Produkte hat bewirkt, dass Unternehmen heute weniger in einem Produkt- als vielmehr in einem Kommunikationswettbewerb stehen (Bruhn 2006: 24). Gleichzeitig haben sich die Medienangebote sowie die einge-setzten Kommunikationsinstrumente und -mittel in einer Art und Weise verviel-fältigt, dass von einer Atomisierung der Medien gesprochen werden kann, aus der als Konsequenz eine Informationsüberlastung der Konsumenten resultiert. Die damit verbundenen Reaktanzeffekte verstärken sich darüber hinaus durch Widersprüche in der Kommunikation von Unternehmen, wenn die Aussagen in unterschiedlichen Medien nicht übereinstimmen. Die skizzierten Entwicklungen in den Kommunikations- und Medienmärkten verdeutlichen ansatzweise die Herausforderungen, denen sich kommunikationstreibende Unternehmen gegen-über sehen. Vor diesem Hintergrund wird seit Jahren verstärkt die Forderung nach einer Integrierten Kommunikation gestellt und in der konzeptionellen For-schung (beispielsweise Schultz et al. 1993; Zerfaß 1996; Caywood 1997; Kirchner 2001; Bruhn 2009) sowie in der Praxis intensiv diskutiert. Damit verbindet sich die Überlegung, dass durch eine intensivere Koordination innerhalb der gesamten Kommunikation die Darstellung des Unternehmens in der Öffentlich-keit, bei den Kunden, Mitarbeitenden und anderen Zielgruppen effektiver und effizienter gestaltet wird (Bruhn 2009: 5). 

Nachfolgend soll nun auf den Ansatz der Integrierten Kommunikation nach Bruhn eingegangen werden, der konkrete Ansatzpunkte für eine Umset-zung Integrierter Kommunikation in der Praxis liefert. Bruhns Ansatz der Inte-grierten Kommunikation unterscheidet sich vom zuvor erläuterten Ansatz der Nachhaltigkeitskommunikation zwar durch seine starke Marketingorientierung und eine Fokussierung auf die Zielgruppen Management, Mitarbeitende und Kunden. Dennoch liefert das Konzept Anknüpfungspunkte, um bestimmte Her-ausforderungen der Nachhaltigkeitskommunikation besser bewältigen zu kön-nen – beispielsweise Nachhaltigkeitskommunikation in multinationalen Unter-nehmen oder Herausforderungen durch Glaubwürdigkeitsprobleme (vgl. Prexl 2010: 256f.). 
Bruhns Ansatz basiert auf den Erkenntnissen der Gestaltpsychologie, die davon ausgeht, dass eine einheitliche Wahrnehmung durch widersprüchliche oder inkonsistente Informationen erschwert wird. Im Umkehrschluss geht Bruhn davon aus, dass Unternehmenskommunikation als „Einheit“ aufzutreten habe. Voraussetzung dafür sei Integrierte Kommunikation, die Bruhn definiert als

 „… ein strategischer und operativer Prozess der Analyse, Planung, Or-ganisation, Durchführung und Kontrolle, der darauf ausgerichtet ist, aus den differenzierten Quellen der internen und externen Kommunika-tion von Unternehmen eine Einheit herzustellen, um ein für die Ziel-gruppen der Kommunikation konsistentes Erscheinungsbild des Unter-nehmens bzw. eines Bezugsobjektes der Kommunikation zu vermit-teln“ (Bruhn 2009: 22).


4. Forschungsfragen und empirisches Vorgehen

Entsprechend der Definition des Projektmanagements lassen sich Projekte als „Unternehmensformen auf Zeit“ definieren (vgl. Grün 2004: 182ff.; Schelle et al. 2007: 27ff.; ICB 2009; IPMA-Baseline 2009). Wird dies vorausgesetzt und die in den vorherigen Kapiteln dargestellten Definitionen der nachhaltigen Kommunikation sowie die Ausführungen zur Integrierten Kommunikation als Prinzip der Nachhaltigkeitskommunikation berücksichtigt, so stellt sich die Frage, ob ein positiver Zusammenhang zwischen Integrierter Kommunikation und nachhaltigem Projekterfolg besteht. 

Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage wurden abgeschlossene Projekte im Bereich der angewandten Forschung am Studiengang Betriebswirtschaft der Fachhochschule Salzburg in Form einer Kurzstudie analysiert. Im Befragungszeitraum von Spätsommer bis Herbst 2011 wurden dazu 18 Projektleiter via Online-Fragebogen quantitativ befragt. Bei einer Rücklaufquote von 83,3% konnten schließlich N=15 Fragebögen berücksichtigt werden. Die Frage-stellungen der Studie bauten dabei auf bereits vorliegenden Erfolgsfaktoren der Integrierten Kommunikation auf (vgl. Stumpf 2005), die dem Forschungsgegen-stand des Projektmanagements entsprechend angepasst und wie folgt formuliert wurden:
  • Projektleiter belebt die Kommunikation: Der Projektleiter steigert die Motivation des Projektteams durch einen gezielten Einsatz von Kommunikation. Er ist selber Vorbild in Bezug auf die Kommunikation innerhalb und außer-halb des Projektes.
  • Rahmen für Kommunikation: Richtlinien für die Kommunikation in Form von Zielen, Zielgruppen, Inhalt, Form und Häufigkeit der Kommunikation sind vorgegeben.
  • Kontrolle des Kommunikationsrahmens: Es erfolgt eine Kontrolle in Bezug auf Ziele, Zielgruppe, Inhalt, Form und Häufigkeit der Kommunikation.
  • Projektumfeldanalyse: Das Kommunikationsumfeld des Projektes wird intern und extern analysiert.
  • Inhaltliche Abstimmung der Kommunikation: Es liegen identische Informationen ohne inhaltliche Veränderungen in Bezug auf Ziele, Zielgruppen, Strategien, Instrumente, Maßnahmen und Botschaften vor.
  • Einheitliches Erscheinungsbild: Die Form der Kommunikation entspricht der Angemessenheit in Bezug auf den Kommunikationszweck (z.B. lehnt sich die äußere Gestaltung aller Informationsschreiben an Anrainer eines Bauprojektes am Corporate Design des Auftraggebers an; die inhaltliche Ge-staltung ist dabei vom Aufbau und Wording her betrachtet einheitlich).
  • Produktiver Informationsaustausch: Der effektive und effiziente Informati-onsaustausch zwischen den internen und externen Projektmitarbeitenden in Bezug auf die Erwartungshaltung ist gegeben (z.B. ein Statusreport für Leistungsfortschrittskontrolle vom Projektleiter in Richtung Auftraggeber bein-haltet eine stichtagbezogene Darstellung der Leistungen, der Termine und der Kosten nach einfachem Ampelstatus; eventuelle Zusatzinformationen werden sparsam in Summe auf einem DIN A4-Blatt vermerkt).
  • Einheitliches Kommunikationsverständnis: Die Bedeutung für ein einheitli-ches Kommunikationskonzept ist im Projektteam gegeben; die Wichtigkeit der internen Kommunikation wird erkannt.
  • Kommunikationsfreundliche Projektorganisation: Eine derartige Projektorganisation manifestiert sich in einer schlüssigen Aufbau- und Ablauforgani-sation (Rollen, Verantwortlichkeiten, Prozesse), in der auf eine Weitergabe und Verteilung von Informationen in einem ausgewogenen Mix aus formeller und informeller Kommunikation Wert gelegt wird.
  • Kommunikationsverantwortlicher bestimmt: Die Verantwortlichkeit der gesamten Kommunikation innerhalb und außerhalb des Projektes durch eine Person oder Personengruppe ist gegeben.

Neben dem Vorliegen dieser Maßnahmen der Projektkommunikation wurden zudem die Ausprägungen der primären Wirkungen des Projektmanage-ments sowie der Erfolg der Projekte erhoben. Unter den so genannten primären Wirkungen des Projektmanagements ist nach Definition des traditionellen Projektmanagements die Leistungs-, die Kosten- und  die Terminstabilität bzw. die Einhaltung entsprechender Vorgaben zu verstehen (vgl. Lechler 1997: 44; Schelle et al. 2007: 31ff.). Diese Wirkungen bezeichnen jene Aspekte, die den Scope eines Projektes beschreiben, die in der Planungen definiert werden und die während der laufenden Projektumsetzung möglichst stabil, also wenig zu verändern sind (vgl. ICB 2009; IPMA-Baseline 2009). Projekterfolg wird in diesem Zusammenhang mit dem Erreichen der primären Projektziele definiert. Dies sind Leistungsziele (definierter Funktionsumfang), Terminziele (Einhal-tung der geplanten Terminvorgaben) und Kostenziele (Erreichung des Leistungs- und Terminziels unter Einhaltung des geplanten Kostenrahmens). Der Grad des Projekterfolges drückt sich dabei im Erreichungsgrad der Primärziele aus (Lechler, 1997: 18ff.; Strohmeier 2003: 29ff.).


5. Datenanalyse und Forschungsergebnisse 

Zur Analyse der Befragungsergebnisse wurde die Partial Least Squares (PLS)-Pfadanalyse angewandt (Lohmöller 1989; Chin 1998; Tenenhaus et al. 2005) und für die Berechnung des entsprechenden Modells die statistische Anwendungssoftware SmartPLS 2.0 verwendet (Ringle et al. 2005). Das PLS-Verfahren wird vor allem dann eingesetzt, wenn – wie im vorliegenden Fall – kleine Stichproben zu schätzen sind, da es sich bei der PLS-Pfadanalyse um ein iteratives Schätzverfahren handelt, bei dem sich die benötigte Fallzahl an der umfangreichsten Regressionsanalyse im Modell orientiert. In der einschlägigen Literatur wird als heuristische Herangehensweise vorgeschlagen, die Regressi-onsgleichung mit der größten Anzahl an zu schätzenden Indikatoren multipli-ziert mit fünf bis zehn als Mindestgröße des Samples zu verwenden. Aus dem Konstrukt Leistungsstabilität mit drei Indikatoren auf den Projekterfolg ergibt sich im vorliegenden Fall eine Mindestzahl an zu schätzenden Fällen von 15 bis 30. Mit N=15 wurde in der vorliegenden Untersuchung insofern gerade noch die Untergrenze dieser Vorgabe erreicht.  

Die in Abbildung 1 dargestellten Ergebnisse der Analyse in Form von Schätzwerten der Pfadkoeffizienten zwischen den verschiedenen Konstrukten, die Ergebnisse der Signifikantstests via Bootstrapping in Klammern sowie die vier Bestimmtheitsmaße der latenten endogenen Variablen ermöglichen die Beurteilung der Güte der unterstellten Struktur des geschätzten Modells. Die Datenanalyse ergibt, dass die drei Maßnahmen der Integrierten Kommunikation – Projektleiter belebt die Kommunikation, Projektumfeldanalyse und produkti-ver Informationsaustausch – als einzige unabhängige Konstrukte einen stati-stisch signifikanten Einfluss auf die Konstrukte Leistungs-, Kosten- und Terminstabilität ausüben, weshalb sich Abbildung 1 auf diese Konstrukte konzentriert. Die weitere Analyse der Ergebnisse stützt die bereits in der Literatur vorliegende Annahme (vgl. Lechler, 1997: 18ff.; Strohmeier 2003: 29ff.), dass ein statistisch signifikanter Einfluss dieser Projektwirkungen auf den Projekterfolg besteht. 



Abb. 1: Messergebnisse des PLS-Pfadmodells (N=15)


Der Literaturempfehlung entsprechend erfolgt die Evaluierung reflektiver Messmodelle in PLS anhand der Gütekriterien Inhaltsvalidität, Indikatorre-liabilität, Konstruktreliabilität sowie Diskriminanzvalidität (Abbildung 2; Krafft et al. 2005). Die Inhaltsvalidität bezeichnet dabei den Grad, zu dem die Varia-blen eines Messmodells dem inhaltlichen Bereich des Konstruktes angehören. Durch die Verwendung von etablierten Skalen wurde dies im vorliegenden Fall sichergestellt. Die Überprüfung der Indikatorreliabilität erfolgt über die Beurteilung der Faktorladungen der jeweiligen Indikatoren. Dabei hat generell 50% der Varianz des Indikators das jeweilige Konstrukt zu erklären, wodurch sich ein Wert für die Faktorladung von 0,7 ergibt (0,7 = Wurzel aus 0,5) (vgl. Huber et al. 2007, die einen Wert von mindestens 0,6, idealerweise jedoch größer 0,8 empfehlen). Zudem wurde mit der Konstruktreliabilität das Maß dafür überprüft, wie gut ein Konstrukt durch die ihm zugeordneten Indikatoren gemessen wird, und das erfordert, dass die Indikatoren, die demselben Konstrukt zugeordnet werden, eine starke Korrelation untereinander aufweisen. Überprüft wird die Konstruktreliabilität anhand der internen Konsistenz sowie des Cronbach´s Alphas, wobei für beide Kriterien Werte der Indikatoren von größer als 0,7 als annehmbar angesehen werden (vgl. Himme 2006). Abbildung 2 zeigt, dass die Werte der internen Konsistenz sowie für die Cronbach´s Alpha-Werte für alle Konstrukte über diesem Grenzwert liegen. 

Über die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) wurde schließlich die Diskriminanzvalidität überprüft. Diese ist ein Maß dafür, wie gut die latenten Variablen tatsächlich eigenständige Konstrukte darstellen. Zur konkreten Über-prüfung kommt das Fornell-Larcker-Kriterium zum Einsatz (vgl. Fornell/Larcker 1981: 45). Entsprechend diesem Kriterium liegt Diskriminanzvali-dität dann vor, wenn die DEV des jeweiligen latenten Konstrukts (hier: Projekt-erfolg) größer ist als jede quadrierte Korrelation des betrachteten Konstrukts mit einem anderen latenten Konstrukt im Untersuchungsmodell (DEV > quadrierte Korrelation). In der vorliegenden Korrelationsmatrix zeigt sich eine geringe Korrelation zwischen den Konstrukten Kostenstabilität und Projekterfolgt von 0,24 sowie eine etwas höhere Korrelation zwischen Leistungsstabilität und Pro-jekterfolgt von 0,39 sowie zwischen Terminstabilität und Projekterfolg von 0,44. Hieraus ergibt sich: DEV Projekterfolg = 0,69 > Leistungsstabilität r2 = 0,0576, DEV Projekterfolg = 0,69 > Kostensstabilität r2 = 0,1521 sowie DEV Projekterfolgt = 0,69 > Terminstabilität r2 = 0,1936. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Diskriminanzvalidität im Modell vorliegt und die Güte des Modells über alle Gütekriterien hinweg als akzeptabel beurteilt wird.
Abb. 2: Gütemaße für das PLS-Modell (N=15)


6. Fazit und Handlungsempfehlungen

Der vorliegende Beitrag hatte zum Ziel, die Beziehung zwischen Kommunikati-onsmaßnahmen bzw. -verhalten und Projekterfolg zu analysieren. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass sich bei den analysierten Projekten für folgende Maßnahmen der Integrierten Kommunikation ein Zusammenhang zu den Projektzielen bestätigte:
  • Projektleiter belebt die Kommunikation,
  • Projektumfeldanalyse und
  • produktiver Informationsaustausch.

Entsprechend lassen sich aus der vorliegenden Kurzstudie verschiedene Handlungsempfehlungen ableiten, die als Empfehlungen für die kommende Aktualisierung der regionalen White Papers der International Project Management Association (IPMA) – geplanter Erscheinungstermin Herbst 2014 – einzu-bringen sind. Diese White Papers – bevorzugt werden in der vorliegenden Ar-beit dabei die Papers der IPMA, da diese im europäischen Raum etablierter sind als die des Project Management Institute (PMI) – verstehen sich grundsätzlich als Empfehlungen für die Einführung und Umsetzung von Projektmanagement in Unternehmen. Die darin beschriebenen Standards resultieren jeweils aus tausenden von Projektergebnissen und werden von Experten als Best Practices beschrieben sowie wiederkehrend im Zyklus von drei bis sechs Jahren überar-beitet und neu aufgelegt.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit geht es nun zum einen um die Erweiterung eines bestehenden Instrumentes im Rahmen der White Papers IPMA-Baseline (vgl. IPMA-Baseline 2009: 18, 35): Die Projektumfeldanalyse (PUA) ist als ein Instrument für das nachhaltige Kommunikationsmanagement in Projekten zu empfehlen (vgl. IPMA-Baseline 2009:18f.). Die PUA kommt zwar momentan als Instrument in der Projektplanung zum Einsatz, wenn sie als Werkzeug für die Risikoidentifizierung verwendet wird, um die Projektstakeholder mit ihren Einfluss- und Bedrohungsfaktoren zu identifizieren (vgl. Pat-zak/Rattay 2008: 24ff.). Die PUA würde in der aktualisierten Form jedoch an Bedeutung gewinnen, wenn sie zusätzlich als Instrument der Identifizierung von Kommunikationszielgruppen, des Kommunikationsinhaltes, der Kommunikati-onsverfahren und der Kommunikationswerkzeuge eingesetzt werden würde (vgl. PMBOK 2008; Litke 2007; Schelle et al. 2007; Litke/Kunow 2008). 

Als weitere Handlungsempfehlung kann mit der so genannten Projekt-kommunikationsmatrix die Erstellung eines neuen Instruments in der Kommuni-kationsplanung aus der vorliegenden Studie abgeleitet werden. Die Projekt-kommunikationsmatrix ist eine Darstellungsform, in der eine Verknüpfung zwischen Kommunikationsgruppen innerhalb eines Projektes sowie Kommunikationsinhalten erfolgt. Sie dient der Gegenüberstellung von Zielgruppen, Kommunikationsinhalten, -arten und -häufigkeiten. Diese sehr simple, jedoch wirksame Darstellung bringt bereits in der Planung eines Projektes den Überblick, wer mit wem, wann sowie in welcher Form kommunizieren sollte (vgl. beispielhaft Abb. 3). 

Abb. 3: Beispiel einer Kommunikationsmatrix


Schließlich ist als dritte Erkenntnis der vorliegenden Kurzstudie der Projektleiter in seiner Rolle als Kommunikationsverantwortlicher stärker zu akzentuieren, indem die Rollenbeschreibung des Projektleiters in Richtung Projektkommunikation und Kommunikationsverantwortlichkeit zu erweitern ist. Diese Kommunikationsverantwortlichkeit ist dabei als eine nicht delegierbare Verantwortlichkeit anzusehen. In der aktuellen Literatur wird die Rolle des Projektleiters bisher in den Schwerpunkten Führung und Controlling eines Projekts definiert. Der Kommunikationsaspekt ist dabei bisher untergeordnet (vgl. Kummer et al. 1985: 48ff.; Schelle et al. 2007: 317ff.; ICB 2009; IPMA-Baseline 2009: 4f.). Folgende neue Verantwortlichkeiten im Kontext zur Verbesserung der Projektkommunikation können aus der vorliegenden Studie für den Projektleiter abgleitet werden:
  • Projektkommunikation: Die Verantwortlichkeit für die gesamte mündliche und schriftliche Kommunikation ist in die Start- und Planungsphase sowie in die Umsetzungs- und Abschlussphase eines Projektes explizit aufzuneh-men. Als Beispiel einer neuen Verantwortlichkeit kann dabei die zyklische Abstimmung speziell in der Startphase zwischen dem Projektleiter und dem internem Auftraggeber eines Projektes definiert werden, wobei hierbei der schriftlichen Ausformulierung des Projektauftrages durch den Projektleiter eine stärkere Bedeutung zukommt.
  • Projektmarketing: Die Neuerung würde in Form von Informationskampag-nen zur Zielerreichung sowie Teilzielerreichung innerhalb und außerhalb der Projektorganisation zum Tragen kommen und nicht nur große, sondern auch mittlere sowie kleinere Projekte betreffen.
  • Präventionskommunikation: Konflikt- und Krisenkommunikation ist zwar bereits Bestandteil im Aufgabenportfolio des Projektleiters (vgl. ICB 2009; IPMA-Baseline 2009: 50f.; PMI 2008; Schelle et al. 2007: 421ff.). Die Neuerung würde  die Aufnahme von so genannten Problemberichten in die ständige Leistungsfortschrittskontrolle sowohl von der Arbeitspaketleitung in Richtung Projektleitung, als auch von Projektleitung zum internen Projektauftraggeber mit dem Nutzen einer Präventionskommunikation betreffen.

Ausgehend von der Forschungsfrage bzgl. der Übertragbarkeit der Erfolgsfaktoren der Integrierten Kommunikation auf die Projektkommunikation sowie der Ermittlung des Zusammenhangs zwischen Projektkommunikation und Projekterfolg kann folgendes Fazit gezogen werden: 

  • Die Integrierte Kommunikation ist als Ansatz zur Optimierung einer nachhaltigen Projektkommunikation sinnvoll. 
  • Es besteht in Projekten eine hohe Korrelation zwischen dem Einsatz einzelner Maßnahmen der Integrierten Kommunikation und dem Projekterfolg.

7. Literatur

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Sonntag, 10. März 2013

Mission Impossible - Verbindung von Traditionellem und Agilem Projektmanagement?!

Immer öfters beobachte ich in Unternehmen jene Situation, dass agil geplante und gesteuerte Projekte bzw. Subprojekte (z.B. in der Methode Scrum) in traditionelle Projekte oder Programme (in der Methode  IPMA oder PMI), eingebettet werden müssen.
Die Schwierigkeit in diesen Vorhaben besteht in erster Linie darin, dass in der agilen Methode durch das iterative Vorgehen keine oder nur schwierig zu definierende Vorhersagen für den Leistungs-, Zeit- und Kostenrahmen zu treffen sind, während die traditionelle Methode von einer quasi-konkreten Vorgabe in Leistung, Terminen und Kosten ausgeht (Gloger, 2008, S. 60ff.; Pichler, 2008, S. 7ff.)

Mit folgenden Fragen- bzw. Aufgabenstellungen sehen sich die Verantwortlichen derartiger Projekte konfrontiert: 
  • Geht das überhaupt? 
  • Widerspricht das nicht einerseits den agilen Grundsätzen bzw. andererseits den traditionellen Projektmanagementmethoden? 
  • Und wie sind agil geführte Projekte in einem unternehmensweitem Projektportfoliomanagement sinnvoll zu integrieren?


Agiles Release Management mittels Meilensteinsteuerung und Richtwertermittlung

Die Grundlage der nachfolgend beschriebenen Methode ist aus dem Bedürfnis heraus entwickelt worden, agile und traditionelle Planungs- und Steuerungsmethoden in Projekten zu kombinieren. Zusätzlich finden sich darin Erkenntnisse aus den Arbeiten rund um das Thema der Integrierten Kommunikation als Erfolgsfaktor in Projekten wieder (vgl. Brandstätter/Gölzner/Siems, 2008; Brandstätter/Stumpf, 2012).

Bei dem nachfolgend beschriebenen Fallbeispiel handelt es sich um ein abgschlossenes IT-Projekt. Dabei wird ein Projekt zur Entwicklung einer Software für ein Internet-basierendes Personalmanagement System eines Handelsunternehmens der Automobilbranche, beschrieben. Dieses Projekt ist im Kontext eines Change Management Programms eingebunden. Das Gesamtprogramm wird in der Stabsstelle des Unternehmens mit den traditionellen Methoden des Projekt- bzw. Programm Managements nach IPMA (vgl. IPMA, 2009) geplant und zentral gesteuert. 

Das darin eingebettete Projekt der Softwareentwicklung führt die unternehmenseigene IT-Abteilung ebenfalls via traditioneller PM-Methode nach IPMA durch (vgl. IPMA, 2009). Ein Teilprojekt daraus wird gemeinsam mit einem externen Unternehmen durchgeführt. Dieses externe Softwareunternehmen verwendet für Planung und Umsetzung ein agiles Rahmenwerk nach Scrum (vgl. Schwaber/Beedle, 2001).

Die Möglichkeit einer Kombination aus traditionellem Gesamtprojektmanagement und der agilen Vorgehensweise in einem Teilprojekt darin, liegt in zwei Aspekten begründet, der Richtwertermittlung und dem Meilenstein-gesteuerten Release Managment (siehe Abb. 1). 
  • In der Ermittlung eines sogenannten Richtwertes werden die komplexen Anforderungen der Portalsoftware im Vorfeld mittels agiler Schätzmethoden qualitativ und anschliessend quantitativ bewertet (Cohn, 2005, S. 25ff.; Gloger, 2008, S. 165ff.; Pichler, 2008, S. 93). 
  • Die Planung  und die Einbettung des Teilprojektes in das Gesamtprojektmanagement erfolgt im zweiten Schritt der Methode, nämlich in Form des Meilenstein-gesteuerten Release Managements. Dabei fliessen die Ergebnisse der Vorplanung (Richtwertes) in die Planung und Umsetzung des Release Managements ein. Es werden die Spezifikationen - wir sprechen dabei nur mehr von Product Backlog Items - kategorisiert, mit dem Kunden priorisiert und gemeinsam mit dem Projektmanagement des Gesamtprojektes in einzelnen Releases geplant. Die Releaseplanung findet daher in Relation zur nachfolgenden Release Umsetzung jeweils zeitversetzt statt. Das Gelingen dieses Vorgehensmodells bedingt ein hoch diszipliniertes Zusammenspiel zwischen Software-Entwicklungsteam, Produktverantwortlichem (Product Owner) und Anwender (Kunden). Die Releases werden anschliessend mit dem Software Unternehmen und dem zentralem Projektmanagement gemeinsam in einzelnen Meilensteinen geplant und gesteuert.
Abb. 1 Gesamtdarstellung der Methode des Agiles Release Management mittels Meilensteinsteuerung    


Folgende detaillierte Vorgehensweise liegt dieser Methode nun zugrunde:

1. Ermittlung des Richtwertes 

Die Methode zur Ermittlung des Richtwertes beschreibt jene Vorgehensweise, um ausgehend von einer herkömmlichen Funktionsbeschreibungen (z.B. in Form von Lasten- oder auch Pflichenheften), eine initiale Schätzung zu bekommen die einerseits dem agilen Vorgehen gerecht wird und andererseits dem traditionellen Projektmanagement eine ungefähre Orientierungshilfe gibt (siehe Abb. 2 im Pkt. 1).

  • Das Softwareunternehmen erstellt im Vorfeld - entweder als eigenes Teilprojekt oder als Meilenstein im Rahmen des Gesamtprojektes organisiert - gemeinsam mit dem Projektmanagement und den Anwendern des Handelsunternehmen (nachfolgend als Kunden beschrieben) ein initiales Product Backlog. Dieses initiale Product Backlog ist eine Sammlung von User Stories und wird auf Basis eines klassischen Pflichentheftes erstellt. Im anfgeführten Beispiel wird diese Vorgehen in Form eines eigenen Teileprojektes durchgeführt.
  • Im Folgenden schätzt nun das Software-Team die relative Größe der Funktionen (User Stories) auf Basis von Story Points, so dass am Ende eine initiale Schätzung des gesamten Software Projekts vorliegt. Das Schätzen kann entweder mit Affinity Estimating erfolgen, weil es am schnellsten und effektivsten ist – ggf. kann aber auch Planning Poker verwendet werden. Das Einbinden des Kunden bei dieser initialen Schätzung bewährt sich, weil dies auf beiden Seiten für ein besseres Verständnis der Funktionen sorgt und viele Missverständnisse schon früh ausgeräumt werden können (vgl. Cohn, 2005; Gloger, 2008; Pichler, 2008).
  • Anschliessend stimmt sich das Softwareunternehmen mit dem Kunden zu einer sogenannten Definition of Done (DoD) ab, die insbesondere auch Qualitätskriterien definiert und festlegt, ob die Anwendung beispielsweise mit automatisierten Fachtests und/oder manuell durch ein Testteam geprüft werden soll (vgl. Cohn, 2004).
  • Im darauf folgenden Schritt „brechen sie exemplarische Stories in der Bandbreite der möglich unterschiedlichen Schwierigkeitensgrade (Richtwert Stories) auf Tasks (Richtwert Tasks) herunter“ und entwickeln Design Ideen für die Umsetzung. Auf Basis der DoD erstellt das Team (hautpsächlich der Product Owner) eine Expertenschätzung für diese Richtwert Tasks und erhält so in Summe den Personalaufwand für die Richtwert Stories in Personentagen. Dann wird der Aufwand auf Basis der Schätzungen für die weiteren Stories ermittelt. Man  erhält so einen Umrechnungsfaktor von Story Points auf Personentage und umgekehrt (1 Story Point = X Tage Aufwand; 1 Personentag = X Story Points).
  • Auf Basis dieser initialen Schätzung des Backlogs in Storypoints und des Umrechnungsfaktors kann nun der Personalaufwand für ein initiales Backlog ermittelt werden. Der Aufwand, multipliziert mit dem durchschnittlichen Tagessatz des Umsetzungsteams, ergibt die geschätzten Entwicklungskosten (diese Methode  kann durchaus auch zur Ermittlung eines Festpreises für agile Projetvorgehen verwendet werden). 
  • Wichtig dabei ist folgende Ausssage: A) Diese geschätzten Entwicklungskosten gelten jetzt aber nicht für den Umfang des initialen Backlogs, sondern: B) für die Anzahl der initial berechneten Story Points. D.h. der Kunde kann den mengenmässigen Umfang (in Story Points) des initialen Backlog damit umsetzen, muss es aber nicht. Er kann auch jederzeit Stories austauschen, neue hinzufügen und andere streichen – solange er den Gesamtumfang der Storypoints nicht überschreitet. Aussage A und B lesen sich zwar im ersten Moment als sinngleich, sind aber im Detail unterschiedlich. Diese Art von Definitionen unterstreicht die Philosophie der agilen Bewertungsmethode, indem z.B. grobgranulare Spezifikationen nicht als Basis von feingranularen Kosten verwendet werden sollen. 
  • Es gibt natürlich noch andere Varianten zur Ermittlung des agilen Richtwertes. Beispielsweise kann man den Aufwand für Storypoints alleinig durch das Umsetzen einiger weniger Testsprints (2 bis 4) auf Basis von Zeit und Material ermitteln. So kann man den Umrechnungsfaktor sehr präzise empirisch bestimmen und hat auf beiden Seiten höhere Planungssicherheit. I.d.R. arbeiten Dienstleister ohne diese Sicherheit mit einem “Risikoaufschlag” bei der initialen Schätzung, um das Risiko von Mehraufwänden z.B. im Festpreis zu berücksichtigen. 30% Aufschlag sind dafür ein realistischer Erfahrungswert. Dieses Verfahren unterscheidet sich in keiner Weise vom herkömmlichen Schätzverfahren.
  • Eine weitere Variante ist die Methode Money for nothing – change for free, die Jeff Sutherland vorgeschlagen hat. Bei dieser Variante kann der Kunde jederzeit sagen, dass er das Projekt beendet, weil die gelieferte Funktionalität ausreichend ist. Die Differenz des Aufwandes wird geteilt, d.h. der Dienstleister erhält die Hälfte des Geldes für den nicht geleisteten Aufwand und der Kunde spart die andere Hälfte ein (vgl. Sutherland, 2008).


2. Planung und Kategorisierung der Release #1 (und nachfolgende)

Der nachfolgende aufgestellte Iterationsplan muss immer mindestens drei Monate im voraus, jedoch mindestens zwei Monate vor dem Release Start mit dem Sprint #1 geplant sein. Die Angabe in Monaten geht immer von einer definierten Sprintlänge von 4 Wochen aus. Bei einer allfälligen Änderungen der Sprintlänge müssten dann auch die Planungszeiträume adaptiert werden. In dieser Phase der Release-Planung und Kategorisierung werden nun gemeinsam mit dem Product Owner des Software Teams (in Abstimmung mit dem Kunden) nur kategorisierte Anforderungen (Backlog Items) in die nachfolgende Release-Planung  aufgenommen (siehe Abb. 2 im Pkt. 2).

3. Grobplanung des Sprints

Die Anforderungen (Backlog Items) müssen mindestens ein Monat vor der jeweiligen Umsetzung (in Form von Sprints) geschätzt werden. Die Grobplanung passiert durch den Product Owner, die Schätzung jedoch immer in Abstimmung mit dem Team innerhalb des  Softwareunternehmens (siehe Abb. 2 im Pkt. 3).

4. Teilangebot, Bestätigung und Start für Releaese #1 und (und nachfolgende)

Die inhaltliche Grobplanung für das Release umfasst:
  • die Auswahl der Backlog Items des aktuell geplanten Releases,
  • mit ergänzenden Funktionen, die bei eventuell nachfolgenden Realeases durch  Kunden oder Softwareunternehmen identifiziert wurden,
  • der jeweilige Aufwand, der auf der initialen Schätzung basiert.

Diese inhaltliche Grobplanung des Release wird vom Softwareunternehmen entweder direkt an den Kunden (wird empfohlen) oder über das zentrale Projektmanagement in Form eines Teilangebotes (jeweils spätestens ein Monat vor Umsetzung eines Releases an den Kunden) gelegt. Sie muss für eine zeitgerechte Umsetzung eines Releases, bis spätestens zum 15. des jeweiligen Monats vom Kunden bestätigt sein (siehe Abb. 2 im Pkt. 4). Änderungen werden in jedem Fall vom Product Owner des Softwareunternehmens dem zentralen Projektmanagement in Form eines Change Requests (einer Änderung im Leistungsumfang) gemeldet. 
Die Umsetzung und Abnahme der jeweiligen Sprints wird im jeweiligen Entwicklungszyklus nach der Methode Scrum durchgeführt. Das diesbezügliche Prozedere wird daher hier in diesem Artikel nicht explizit beschrieben. Die darin erforderlichen Sprint Reviews und Retrospectives werden sofort im Anschluss an das Sprintende, jeweils gemeinsam mit dem Team, Product Owner und dem Kunden durchgeführt. Ist es dem Kunden terminlich nicht möglich, die Funktionen im Sprint Review zeitnah abzunehmen, dann muss dies, ohne einen Verzug zu erreichen, bis spätestens ein Monat nach Abschluss des Sprints  durchgeführt werden. 
Wichtig: Mögliche Änderungen im Sprintergebnis (z.B. unvollständig umgesetzte User Stories) werden dem zentralen Projektmanagement nach dem Sprint Review gemeldet. Ebenso werden auftretende Probleme innerhalb der Sprints (z.B. Abbruch eines Sprints, Anhäufung ungelöster Probleme) durch den Product Owner an das zentrale Projektmanagement sofort berichtet. Bewährt hat sich die Risikoprävention in Form eines wöchentlichen Reports via  Burn-Down-Chart vom aktuellen Relaese durch den Product Owner des Scrum Projektes an das zentrale Projektmanagement.

5. Releasetest und –abnahme

Der finale Test und die Abnahme des gesamten Release passiert gemeinsam mit dem Team, Product Owner und Kunden und schliesst als letzten Meilenstein den aktuellen Release ab (siehe Abb. 2 im Pkt. 5).


Abb. 2 Vorgehensmodell des Meilenstein-gesteuerten Agilen Release Managements und Richtwertermittlung im Vorfeld

Weiterführende Literatur

Brandstätter, M., Gölzner, H., Siems, F . (2008): Anspruchsgruppen-orientierte Kommunikation, Neue Ansätze zu Kunden-, Mitarbeiter- und Unternehmenskommunikation, Hrsg.,: Siems, F., Brandstätter, M., Gölzner, H., Siems, F. Gabler, Wiesbaden.

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